Es braucht Weichen, damit die Menschen nachhaltig konsumieren können. © Freepic.com
Stagflation und Kaufkraftverlust haben beim Thema Nachhaltigkeit ihre Spuren hinterlassen. Das zeigt der neue Sustainable Commerce Report 2023 des Handelsverbandes Österreich und EY.
Umweltverträgliches Einkaufen ist den Konsumentinnen und Konsumenten nach wie vor wichtig, jedoch ist die Bereitschaft, mehr Geld dafür auszugeben oder auf Dinge zu verzichten, gegenüber 2021 deutlich gesunken. Die häufigsten Gründe gegen nachhaltiges Handeln sind die allgemeine Teuerung und die höheren Preise von nachhaltigen Produkten.
„Gerade bei Produkten des täglichen Bedarfs ist zurzeit Sparen angesagt. Die Teuerung ist der Bremsklotz der Nachhaltigkeit – und zwar für Kund:innen und Händler“, so Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes.
Bei den Handelsunternehmen selbst zeigt sich ein ähnliches Bild: zu wenig Kapital als Hürde für die Nachhaltigkeit. Denn die Krisen haben den Spielraum für Investitionen in Nachhaltigkeit bei Händlerinnen und Händlern verringert.
Niedrige Preise: Wichtiger denn je
Im aktuellen Wirtschaftsumfeld mit hoher Inflation und sinkender Kaufkraft ist Nachhaltigkeit für Konsumentinnen und Konsumenten weniger leistbar geworden. Die Bedeutung eines generell niedrigen Preises ist gestiegen. Das ergab die zum zweiten Mal durchgeführte Konsumentenstudie mit über 1.000 Befragten sowie einer Händlerbefragung unter 107 Mitgliedern des Handelsverbands, die der Handelsverband Österreich gemeinsam mit EY durchführte.
„Im aktuellen Wirtschaftsumfeld mit hoher Inflation und sinkender Kaufkraft ist es zwar bemerkenswert, dass Nachhaltigkeit in den Köpfen der Menschen einen so hohen Stellenwert genießt und sich im Vergleich zu 2021 wenig verändert hat. Trotzdem zeigen die Zahlen eindeutig: Es müssen deutlichere Anreize geschaffen werden, damit Nachhaltigkeit für die breite Masse leistbar bleibt“, fasst Martin Unger, Leiter des Sektors Konsumgüter und Handel bei EY Österreich, die aktuelle Marktsituation zusammen.
Öko-Produkte: Für 47 Prozent nicht leistbar
Im Vergleich zu der Befragung im Vorjahr legen die Konsumentinnen und Konsument weiterhin hohen Wert auf ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis (über 80%) und eine hohe Produkt-Qualität (über 70%).
Ein deutlicher Unterschied zeigt sich jedoch bei der Bedeutung eines generell niedrigen Preises bei Lebensmitteln und Bekleidung: War dieser in 2021 nur für die Hälfte der Österreicher:innen wichtig, so ist dies heuer bei Lebensmitteln für rund zwei Drittel ein wesentliches Kaufkriterium, bei Bekleidung für knapp 60%. Fast die Hälfte der Befragten (47 %) gibt explizit an, dass sie sich Öko-Produkte derzeit aufgrund der allgemeinen Teuerung nicht leisten können.
Handel: Investitionsbereitschaft in Nachhaltigkeit verringert
Die Ergebnisse der Studie weisen auf die Hürden und Chancen der Nachhaltigkeitsaktivitäten hin. Neben der Unklarheit hinsichtlich Zahlungsbereitschaft der Kundinnen und Kunden stellt, auf Händlerseite die mangelnde Kapitalausstattung eine wesentliche Hürde dar. Die Zusätzlich erwartet die Mehrheit der Händler erwartet geschäftliche Vorteile aus verstärktem Nachhaltigkeitsengagement.
Die Unklarheit über Kundenwünsche und die damit verbundene Zahlungsbereitschaft sehen 46 Prozent der befragten Händler als größte Herausforderung. Für 36 Prozent ist es die mangelnde Kapitalausstattung.
Rainer Will appelliert daher für wirtschaftsfördernde Reformen, die Auszahlung überfälliger Corona- und Energiemehrkosten-Entschädigungen sowie einen unbürokratischen Zugang zu Förderungen, um auch Händler mit geringerem Kapital auf dem Weg zur Nachhaltigkeit unterstützt werden. Denn so Will abschließend: „Die Wirtschaft und die öffentliche Hand haben eine wichtige Hebelwirkung für nachhaltige Produkte und Dienstleistungen. Wir alle sind gefordert, die notwendigen Weichenstellungen voranzutreiben, damit die Menschen nachhaltiger konsumieren können.“
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