Der weltweit bekannteste Juwelier, Tiffany, ist nun Teil des größten Luxusgüterkonzerns der Welt, LVMH. Ein Kommentar von Ulrich Voß, Chefredakteur „Blickpunkt Juwelier“.
Der Schritt war absehbar. Investoren suchen händeringend Möglichkeiten ihr Geld los zu werden und Hard Luxury, vor allem Schmuck, gilt im Unterschied zu Uhren als Segment mit starken Wachstumsperspektiven. Warum sollte man sich da nicht den bekanntesten aller Juweliere schnappen (bevor es der Cartier-Konzern tut)?
Tiffany passt wie die Faust aufs (blaue) Auge. LVMH hat beim Schmuck Nachholbedarf. Neben den Uhrenmarken TAG Heuer, Zenith, Hublot und Dior fehlt dem Schmuck ergänzende Kraft zu Bulgari. Zwar hat sich Bulgari prächtig entwickelt und den Umsatz seit der Übernahme 2011 auf derzeit geschätzte 2 Mrd. Euro verdoppelt, doch die anderen Marken im Portfolio, Fred und Chaumet, wollen nicht so recht zünden. Mit Tiffany gibt es nun nicht nur einen auffälligen Farbtupfer im Sortiment, sondern die einmalige Chance, den Uhren- und Schmuck-Anteil des Konzerns von derzeit bescheidenen 9 % (4,1 Mrd. Euro) zu verdoppeln. Keine andere Schmuckmarke wäre dazu im Stande. Übrigens, der derzeitige Tiffany-CEO Alessandro Bogliolo war 2011 bei der LVMH-Übernahme Chief Operating Officer bei Bulgari.
Für LVMH ist Tiffany mit seiner Stärke auf dem Heimatmarkt USA strategisch wichtig. Der Juwelier ist mit 4,4 Mrd. US-Dollar Jahresumsatz und 790 Mio. Dollar Gewinn 2018 wieder in die Schwarzen Zahlen gekommen und mit Abstand größter Schmuckanbieter auf dem derzeit wichtigen US-Markt. Erst vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass die USA erstmals vor Hongkong der weltweit wichtigste Abnehmer für Schweizer Uhren geworden ist.
LVMH hat sich durchgesetzt und einen hervorragenden Deal realisiert. Tiffany ist ein Solitär auf dem weltweiten Schmuckparkett. Extrem begehrt und wie LVMH-Tochter Louis Vuitton durch den 100 %-igen Verkauf in eigenen Geschäften (315 weltweit, 7 in Deutschland) reich an Ertrag. Die Marke hätte auch gut zu Kering oder Richemont gepasst. Kering ist in Sachen Schmuck derzeit noch schwächer aufgestellt als LVMH und macht mit Pomellato und Boucheron gerade mal 7 % des Gesamtumsatzes (13 Mrd. Euro). Richemont hat erst im September die italienische Schmuckmarke Buccellati gekauft und investiert derzeit kräftig in E-Commerce. Zuletzt hatte der Richemont-Konzern Yoox Net-A-Porter und Watchfinder komplett übernommen sowie mit Alibaba ein Joint-Venture angekündigt.
Die schönste und bekannteste Braut ist also verkauft, der Markt um einen unabhängigen Teilnehmer ärmer. Der weltweit bekannteste Juwelier ist geschluckt vom größten Luxusgüterkonzern der Welt. Doch die Suche der Investoren wird bei derzeitiger Investitionsfreude nicht nachlassen. Der nächste Kandidat ist bereits im Visier. Nicht weniger interessant als Tiffany ist Pandora. Die Marke macht nur etwas weniger Umsatz (3,3 Mrd. Euro) als Tiffany, ist ebenfalls weltweit aufgestellt, schwimmt sich gerade frei von margenziehenden Händlern, verstärkt konsequent den Umsatzanteil der klassischen Schmuckkollektion abseits der Beads und produziert im Unterschied zu Tiffany in eigenen Produktionsstätten. Es wird nur eine Frage der Zeit sein bis zum nächsten Gerücht. Zuletzt geschehen im Herbst vergangenen Jahres (hier).
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