Auf die große Preisfrage, wie viel der Verlobungsring kosten muss beziehungsweise darf, muss letztlich jeder Mann seine ganz persönliche Antwort finden. Der Juwelier leistet dabei wichtige Hilfestellung. © DJ
Die Wahl des richtigen Verlobungsrings macht Mann sich nicht leicht, schließlich soll das Schmuckstück ja Symbol der großen und möglichst ewigen Liebe sein. Hersteller und Händler sehen die Sache pragmatischer – nämlich als Geschäft. Dessen Spielregeln werden derzeit allerdings durch die wachsende Bedeutung von Labordiamanten, mit denen jetzt auch Swarovski und Dorotheum Juwelier ihre Statements setzen, neu definiert.
Will man den Bund für´s Leben eingehen, ist für viele Paare die Verlobung und natürlich auch der Verlobungsring ein Muss. Dass darauf ein Diamant funkeln soll, ebenso. Doch während der Verlobungsring an sich tatsächlich eine Tradition ist, die bis ins Mittelalter zurück reicht, gilt das für die Diamant-Variante nur teilweise. Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren Diamanten selten, entsprechend teuer und damit nur etwas für den Adel und das wohlhabende Bürgertum. Durch die Entdeckung neuer, sehr reichhaltiger Minen in Südafrika stand der Monopolist De Beers (bis heute weltweit größter Diamantenproduzent und -Händler) zu Beginn des 20. Jahrhunderts aber vor einem Problem: Wohin mit den vielen Edelsteinen, ohne durch ein großes Angebot die Preise zu ruinieren? Die Lösung: Der amerikanischen Mittelschicht die teuren Edelsteine schmackhaft machen. Sodann wurde ab den 1930er-Jahren auf Plakaten, in Magazinen sowie Filmen massiv für den Diamantring als das einzig wahre Symbol der großen und ewigen Liebe geworben. Mit Erfolg, denn Ende der 1950er-Jahre war die US-Nation vom hochkarätigen Liebesbeweis überzeugt, so wie sukzessive mit Ausweitung der Kampagne angehende Brautpaare auf der ganzen Welt. 1999 wurde „A Diamond is Forever“ von der US-amerikanische Marketing- und Media-Zeitschrift Advertising Age zum Slogan des Jahrhunderts gekürt – seine Strahlkraft wirkt bis in die Gegenwart.
Diamantenfieber beruht auf Marketing
An das De Beers-Märchen, dass der Preis eines Verlobungsrings dem Gegenwert von mindestens zwei, besser drei Monatsgehältern entsprechen soll, glaubt man am ehesten in den USA. Aktuell werden, so die weltweit agierende Wedding-Plattform The Knot, durchschnittlich rund 6.000 US-Dollar in den Verlobungsring investiert. Nach der Zwei-Gehälter-Regel und den jüngsten Daten der US-Behörde für Arbeitsstatistik (Bureau of Labor Statistics) müssten es allerdings mehr als 9.000 US-Dollar für einen Verlobungsring sein – doch knapp die Hälfte der Männer gibt für den Verlobungsring sogar weniger als 6.000 US-Dollar aus.
Der österreichische Mann scheint, ebenso wie sein deutscher Nachbar, deutlich weniger anfällig für Werbebotschaften zu sein und mehr der Faustregel „ein halbes bis ein Monatsgehalt“ zu folgen. Allerdings zeigen Gespräche mit Juwelieren in Österreich, dass Mann unter gewissen Umständen durchaus bereit ist, das ursprünglich geplante Budget aufzustocken.
So macht es CHRIST
Große Liebe auch zum kleinen Preis
Die bekannte Juwelierskette setzt die Einstiegsschwelle für den angehenden Bräutigam besonders niedrig an. Die Preisrange von unter 750 Euro wird mit einigen Produkten in 375er-Gold bedient; der Großteil des Angebotes spricht Geschmack und Geldbeutel der breiten Masse an und umfasst 585er-Gold mit Diamanten in verschiedenen Größen.
NEUE PLAYER SORGEN FÜR NEUE HERAUSFORDERUNGEN
Unabhängig davon, welchen Budgetrahmen sich der angehende Bräutigam gesetzt hat, die ersten Recherchen für den Verlobungsring erledigt er meist online und trifft dabei immer häufiger auch auf Modelle mit Labordiamanten (LGD). Dass diese sich einer stark wachsenden Beliebtheit erfreuen, liegt – ebenso wie bei ihren natürlichen Brüdern – an einem geschickten Marketing. Kein umweltschädlicher Bergbau, keine Gefahr von Kinderarbeit oder modernem Sklaventum, keine Finanzierung von Bürgerkriegen – Dinge, für die Naturdiamanten spätestens durch den Film Blood Diamonds in die öffentliche Kritik gekommen sind, werden nun genützt, um Labordiamanten als grüne, nachhaltige und faire Alternative zu positionieren.
Mit steigender Nachfrage und Ausbau der Produktionskapazitäten begannen LGDs preistechnisch zu fallen, was für Konsumenten ein weiteres wichtiges Argument war und ist. Expertenschätzungen zu Folge funkelt mittlerweile auf jedem zweiten US-amerikanischen Verlobungsring ein Labordiamant. In Österreich liegt der Marktanteil noch deutlich niedriger, die Tendenz ist aber steigend – vor allem durch den Eintritt von zwei wichtigen Playern.
Der ursprünglich für Kristall-Modeschmuck bekannte österreichische Swarovski-Konzern will seine LGD-Erfolge auf dem US-Markt nun in Europa wiederholen. Dafür geht er mit einem Verlobungsring aus 750er-Gold besetzt mit einem 1,0 ct LDG inkl. IGI-Zertifikat für gerade einmal 1.800 Euro ins Rennen um die Gunst aller Heiratswilligen.
Mit Doro Truelab bietet seit Kurzem Dorotheum Juwelier ebenfalls eine Kollektion mit Labordiamanten an, bei der Ringe eine zentrale Rolle spielen. Anders als Swarovski setzt man auf 585er-Gold und bietet den Solitärring mit 1-Karäter LGD um 1.299 Euro an. Beim Stein-Pendant mit Minendiamant stehen dagegen je nach Qualität des Edelsteins zwischen 4.999 und 9.999 Euro auf dem Preisschild.
Damit stellt sich die Frage, ob solche Kampfpreise beziehungsweise der Labordiamant generell künftig die Benchmark setzen, an der sich der Markt hierzulande orientieren muss? Was dafür spricht, ist der – vor allem durch Social Media befeuerte – Trend zum größeren Diamanten, dem der Bräutigam bei üblichem Budgetrahmen nur durch Griff zum Labordiamanten folgen kann. Vor allem, falls der ohnehin schon hohe Goldpreis weiter steigen und sich erkennbar auf den Preis des Rings auswirken wird. Die Erhöhung des Ring-Budgets wird für manch Käufer eine Option sein, aber kaum für die breite Masse. Schließlich schwächelt die Wirtschaft und eine rasche Besserung oder gar ein echter Turnaround sind laut aktueller Prognosen nicht in Sicht. Bleibt noch die Frage nach dem Wert(erhalt) des Verlobungsrings. Denn diese spielt für Versicherung und einen allfälligen Weiterverkauf eine Rolle – beides zunächst scheinbar profane Themen, mit denen sich wohl weder Käufer noch die spätere Trägerin beim Kauf beschäftigen. Was zählt, sind Optik und Romantic Value. Jedenfalls schneiden in puncto Werterhalt Labordiamanten ob ihres starken Preisverfalls eher schlecht ab.
Ein glänzendes Investment sind Naturdiamanten aber in der Regel auch nicht, denn deren Wert ist seit den 197er-Jahren um rund 30 Prozent gesunken und zudem höchst unbeständig. Und die Diamantenbranche steht derzeit einer ähnlichen Problematik wie vor rund 100 Jahren gegenüber: volle Lager und eine insgesamt schwache Nachfrage.
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