Recyceltes Gold: Schmuck mit gutem Gewissen

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Die Debatte um problematische Goldgewinnung kann mit einem einzigen Argument entkräftet werden. Wer recyceltes Gold verwendet, entscheidet sich für eine klimaneutralere und umweltschonendere Variante. Mittlerweile gibt es sogar Scheideanstalten, die ausschließlich Recycling-Gold verwenden und auch CO2-neutral recyceln.

Zeitgeist. Die Nachhaltigkeits- und Herkunfts-Debatte rollt. Der Konsument will wissen, woher sein  Produkt kommt und unter welchen Bedingungen es hergestellt wurde. Obwohl die Gewinnung von Gold auf den ersten Blick eine üble Geschichte ist, muss sich die Branche nicht verstecken, sondern hat mit Recycling-Gold gute Argumente.



Club of Rome (1968), Kimberley Prozess (2003), Greta Thunberg (2018), Bundestagswahlkampf 2021: An der Nachhaltigkeits-Debatte führt kein Weg vorbei. Der Wunsch des Konsumenten, die Herkunft der Produkte kennenzulernen, ist nicht mehr wegzudiskutieren. Informationsbedarf besteht bei Gold in ganz besonderem Maße. Wobei Gold nicht gleich Gold ist. Viele Scheideanstalten verarbeiten zu 100 % Altgold, Argumente wie Kinderarbeit oder Umweltzerstörung beim Minenabbau treffen hier nicht zu.

Die gute Nachricht aus Konsumenten-Sicht: Bei ausreichendem Wissen sind wir alle gern bereit, einen gewissen Aufpreis für Produkte zu bezahlen, die uns ein besseres Gewissen geben. Seien es Bio-Bananen oder sei es die Einführung des Katalysators im Auto. Was uns oftmals hilft: Wir alle lieben Geschichten. Wie wäre es mit der Geschichte zur Herkunft des Produktes und seiner nachhaltigen Herstellung oder im Fall von recyceltem Gold eine ressourcenschonende Herstellung? Bei Schmuck als Luxus-Konsumgut ist die Frage der Nachhaltigkeit sogar besonders wichtig. Denn im Konsumgüterbereich hängt die Messlatte für ein „sauberes Produkt“ extrem hoch. Niemand braucht Schmuck, es ist ein „verzichtbares“ Konsumgut. Mehr noch, echter Schmuck ist für Dr. Philipp Reisert gar kein Konsumgut, sondern ein Anlagegut. Schließlich werde Schmuck nicht konsumiert und sei dann weg. Im Fall von echtem Goldschmuck gebe es ja sogar kaum Verlust, sagt der Chef der Scheideanstalt C. Hafner. „Irgendwann kommt Schmuck ja wieder zurück. Gold bleibt.“ Es gebe kaum etwas Nachhaltigeres als Hard Luxury.

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Wie also kann der Juwelier diese Chance nutzen, die echter Schmuck in Sachen Nachhaltigkeit hat? Dazu hatte „Blickpunkt Juwelier“ vor eineinhalb Jahren, zur Hochphase der Popularität der Klimaschützerin Greta Thunberg, geladen (siehe „Blickpunkt Juwelier“ 01/2020). Damals lieferten sich Dr. Reisert und Premium-Juwelier Georg Leicht aus Pforzheim ein unglaublich dichtes Wortgefecht. Auf der einen Seite der Juwelier, der das Thema Nachhaltigkeit zwar für alle Fälle im Beratungsgespräch parat haben will, falls der Konsument fragt. Ansonsten aber nicht die Gefahr der „Entzauberung“ des Schmuckstücks eingehen will.

Schließlich, so Georg Leicht, sei der Akt des Verkaufens eines Schmuckstücks beim Verkäufer sowie zeitgleich der Akt des Kaufens für den Konsumenten häufig eine ganz emotionale Ausnahmesituation. Als Verkäufer müsse man wissen, welches Argument in welcher Situation wichtig  sei – beziehungsweise deplatziert wäre. Ihm sei das Thema immens wichtig. (Bereits in Zeiten, in denen das Wort „Nachhaltigkeit“ unbekannt war, habe er all seine asiatischen Hersteller besucht und danach ausgewählt, ob sie gewisse Standards einhalten. Hernach habe er zu allen Firmen den Kontakt abgebrochen, von denen er in dieser Beziehung nicht überzeugt war.) Trotzdem aber wolle er das Thema der konfliktfreien Herstellung nicht proaktiv beim Kunden ansprechen.

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Auf der anderen Seite der „Vor-Produzent“, die Scheideanstalt, die vonseiten der Luxuskonzerne sehr viel Engagement in Sachen Nachhaltigkeit und konfliktfreier Herstellung beobachtet. Ihnen sei dieses Thema so wichtig, so Dr. Reisert, weil es um Risikominimierung gehe. Der Kommunikations-Gau steht im Raum, wenn das Produkt mit menschenunwürdigen Bedingungen in Verbindung gebracht wird. Dr. Reisert: „Echte Marken müssen dafür sorgen, dass es auch hinter der Fassade glänzt.“

Was kann der Juwelier tun, damit er nicht solche Image-Probleme bekommt, beziehungsweise gute Argumente in seiner Kommunikation zum Kunden bringen kann? Dr. Reisert kann bereits in die Offensive gehen und zwei starke Argumente liefern. Erstens: Sein Unternehmen arbeitet zu 100 % mit Sekundärgold und zu 0 % mit Minengold. Warum er dies so sicher sagen kann? Durch spezielle Analysen in der Eingangsprüfung kann er Beimetalle nachweisen, die auf Primärgold, also Minengold, schließen lassen. „Wir können also garantieren, dass bei uns kein Mienengold verarbeitet wird.“ Zweitens: Er garantiert seinen Kunden dass der gesamte Recycling-Prozess klimaneutral abläuft, da C. Hafner die derzeit einzige Scheideanstalt ist, die ihren Kunden einen CO2-neutralen Goldscheideprozess garantiert.

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Auch auf politischer Ebene setzt sich Dr. Reisert für besseres Gold ein. Als Vorstandsmitglied im RJC (Responsible Jewellery Council mit derzeit rund 1000 Mitgliedern mit rund 350.000 Beschäftigten) knüpft er weltweit Kontakte. Die Gründung des RJC 2005 sei maßgeblich auf das Engagement einiger großen Schmuckmarken zurückgegangen, die damals, kurz nach dem Kimberley Prozess, gespürt hatten, dass sich der Konsument und damit der Markt ändern.

Dr. Reisert stellt die Frage, warum Minengold genauso teuer ist wie Recycling-Gold. Schließlich gebe es beim Aufwand zur Goldgewinnung und dem ökologischen Fußabdruck riesige Unterschiede. Unter den besten Voraussetzungen, so Dr. Reisert, erhalte man bei der Gewinnung von Minengold aus einer Tonne Gestein 5 Gramm Gold. Der Energieaufwand sei riesig. Bei seiner Ware, dem angelieferten Sekundärgold, liege der Feingoldanteil bei 60 bis 70 %. Der Energieeinsatz ist bedeutend geringer – zudem findet der Prozess in Deutschland statt. Eigentlich müsse Minengold teurer sein, schließt Dr. Reisert.

Diese Überlegungen äußert auch Cornelia Ruesch, Geschäftsführerin der Brüder Nowotny (Collection Ruesch). „Warum sind Bio-Produkte beispielsweise in der Lebensmittelindustrie eigentlich teurer als konventionelle?“, fragt sie sich. Sie geht davon aus, dass der Einsatz von Pestiziden in Zukunft so stark besteuert wird, dass das „gesündere“, das nachhaltigere Produkt dem ökologischen Fußabdruck folgend, günstiger sein wird. Ihre Position in Bezug auf ihr Unternehmen ist eindeutig: Alle Produkte aus ihrem Haus entstammen entweder der Fairtrade-Collection mit zertifiziertem Feingold oder wurden mit recyceltem Gold hergestellt.

Mittlerweile gibt es auch im Schmuckmarkt zahlreiche Siegel und Gütezeichen, die die Herkunft und Konfliktfreiheit erklären. Neben Goldschmieden wie Jan Spille aus Hamburg oder Herstellern wie Noën aus Keltern bei Pforzheim gibt es mit Rauschmayer, Collection Ruesch nun auch große Hersteller, die besondere Kollektionen mit konfliktfreiem oder ökologisch unbedenklicherem Gold anbieten. Denn eines ist klar: Das Thema ist gekommen, wird bleiben und sogar wichtiger werden. Oder anders: Der Juwelier wird fürs Verkaufsgespräch die passenden Informationen und Geschichten brauchen.

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