Warenlager: Uhrenfirmen, Großhändler und erfolgreiche Fachhändler zeigen den Weg.
Der Erfolg oder Misserfolg des Juweliers oder Uhrenfachexperten hängt nicht zuletzt von seinem Warenlager ab. Es darf nicht zu viel sein, aber die richtigen Modelle müssen immer lagernd sein. Doch damit alleine ist es auch noch nicht getan.
Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Sie nützen die Mittagspause, um sich neue Hemden zu kaufen. Sie haben konkrete Vorstellungen, wissen auch, wo es diese Mode gibt. Prompt werden Sie fündig, sehen das gewünschte Modell. Das Hemd gibt es in allen Größen, von XS bis XXXL, genauer gesagt: In fast allen Größen. Denn M und L, die beiden passenden Größen, gibt es nicht. Aber der Händler versichert, dass er die Ware ordern kann. In zwei bis drei Tagen sei die gewünschte Größe im Laden.
Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass Sie während ihrer Mittagspause am Smartphone das gewünschte Stück Online bestellen. Am nächsten Tag wird es in ihr Büro geliefert. Am Händler vorbei. Pech gehabt.
Das ideale Lager
Hemden haben nichts mit Ihnen zu tun? Und haben Sie nicht schon einmal daran gedacht, dass es Ihren Kunden ähnlich ergeht? Denn auch Ihre Kunden kaufen die Uhr, die Sie nicht lagernd haben, fünf Minuten nach dem Verlassen Ihres Geschäftes Online.
Blickpunkt Juwelier hat sich in der Branche, bei Uhrenfirmen, Großhändlern und erfolgreichen Fachhändlern, umgehört, worauf es beim idealen Warenlager ankommt.
Vertauschte Rollen
Ein wesentlicher Faktor ist das Umfeld. Die regionalen Unterschiede verschwimmen immer mehr, obwohl es nach wie vor Gegenden gibt, wo mehr Metall- als Lederarmbänder verkauft werden, wie Guido Abeler von Carl Engelkemper anmerkt. Vor allem durch die Sozialen Medien kommt es hier zu einer Angleichung. Das Limitierende ist eher das frei verfügbare Nettoeinkommen der Bevölkerung im Einzugsbereich. Es wird wohl wenig Sinn machen, sich in einer sozial schwächeren Gegend auf Luxusuhren zu spezialisieren.
Und die Kunden müssen wissen, wofür der Geschäftsinhaber steht. So wie man den klassischen Anzug nicht in einem Jeans-Shop sucht, muss der Kunde schon vom Schaufenster, von der Warenpräsentation her wissen, was ihn erwartet. Allerdings muss diese Ware dann auch auf Lager sein.
Der Händler muss nicht unbedingt die gesamte Kollektion führen. Bei etlichen Uhrenmarken muss man keine „Zwangspakete“ ordern, sondern kann sich jene Modelle auswählen, die zum Geschäft passen. „Wir verkaufen kein Paket“, merkt Loek Oprinsen von Ebel an. Es gibt jedoch die Empfehlung, 25 bis 30 Uhren auf Lager zu haben. Mit den Kollektionen Sport Classic, Wave, Discovery und Brasilia decke man die Kundenwünsche gut ab. Der Außendienst kann anhand der Verkaufszahlen und dank seiner Erfahrung mit dem Händler die Auswahl treffen. Ähnlich argumentiert auch Guido Abeler, der bekanntlich auch die Uhrenmarke Abeler & Söhne hat: „Der Juwelier soll die freie Wahl haben, sich sein Programm zusammenzustellen. Muss er Artikel nehmen, hinter denen er nicht steht, wird er sie auch nicht verkaufen“, so der logische Schluss.
Der große Fehler des Fachhändlers
Trotz allem wird sich nicht jedes Modell gleich gut verkaufen. Das eine oder andere Stück wird daher im Lager liegen bleiben. Ein gravierender Fehler, den Fachhändler immer wieder begehen: Sie ordern die falsche Ware. Loek Oprinsen hat auch eine logische Erklärung dafür: „Das ist ein Business voller Emotionen. Verkauft der Juwelier eine Uhr und der Außendienst kommt am nächsten Tag, wird er diese Uhr wieder bestellen. Schließlich hat er sie ja verkauft. Und dann vergisst er auf die Zahlen zu schauen, welche Uhren sich wirklich verkaufen.“ Juwelier Hahne in Gladbeck sieht dies ähnlich: „Der größte Fehler ist, Schnelldreher nicht nachzuziehen“. Was sich hingegen nicht entsprechend rasch verkauft, fliegt aus dem Sortiment, lautet das Erfolgsrezept des Juweliers.
Aber selbst, wenn sich so ein Lager an „unverkäuflichen“ Uhren angesammelt hat, greift einem der Lieferant in vielen Fällen unter die Arme. So gibt es vielleicht andere Fachhändler, die gerade diese Uhren brauchen können. Oder es gibt Unterstützung bei der Werbung für diese Modelle. Das geht sogar so weit, dass Spezial-Tage eingerichtet werden, wo der Aussendienst beim Verkauf mithilft. Oder die Ladenhüter werden in Zahlung genommen, um den Händler finanziell zu entlasten, wie Oprinsen erklärt. Allerdings darf bei all dem nicht vergessen werden, dass der Händler eben selbstständiger Unternehmer ist und daher auch ein gewisses unternehmerisches Risiko auf sich nehmen muss.
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