Nevermined: Wie entstehen farbige „Fancy Diamonds”?

Nevermined Fancy Diamonds

Nevermined steht für eine nachhaltige, transparente und konfliktfreie Diamantproduktion. © Nevermined

Dem deutschen Lab-grown-Diamantproduzenten Nevermined ist gelungen, woran sich viele Hersteller die Zähne ausbeißen: Am Hauptsitz in Essen, NRW, wachsen echte lab-grown Diamanten in sogenannten „Fancy Colours“. Von einem leuchtenden Pink bis zu einem satten Mittelmeer-Blau deckt die Farbpalette der Qualitätsdiamanten schon einen großen Teil des Regenbogens ab. Blickpunkt Juwelier hat die Menschen interviewt, die für diesen Erfolg verantwortlich sind: Dennis Oing, Prozessingenieur für Diamantsynthese, und Nevermined-Gründerin  Christine Marhofer.



BLICKPUNKT JUWELIER: Herr Oing, Sie haben dem Klang nach einen spannenden Beruf! Wie wird man Prozessingenieur für Diamantsynthese?

DENNIS OING: „Nicht nur dem Klang nach – mein Job bei Nevermined ist genauso interessant, wie er selten ist. Ich habe an der Universität in Duisburg-Essen Physik studiert und nach meinem Master of Science direkt den Doktor angehangen. Mein Fokus lag bereits im Master auf dem Diamantwachstum, mit Hinblick auf Halbleiter- und Quanteninformationstechnologie. Das war eine hervorragende Grundlage für meinen heutigen Beruf.“

BPJ: Sie haben in Ihrer akademischen Zeit unter anderem eine wissenschaftliche Publikation mit dem komplexen Titel „A monolithic, back-gated diamond field-effect transistor for tunable color centers“ veröffentlicht. Klären Sie uns auf, worum ging es da?

OING: „Im Wesentlichen zeigt die Arbeit, dass man aus Diamant einen wirkungsvollen Transistor herstellen kann. Ein Transistor ist ein zentrales Bauelement in der modernen Elektronik, weil man damit elektronische Signale gezielt steuern oder verstärken kann. Normalerweise besteht ein solcher Transistor aus Halbleitermaterialien wie Silizium. In meiner Arbeit habe ich aber einen Transistor aus Diamant entwickelt. Das ist einzigartig und bringt einige spezifische Vorteile mit, wie zum Beispiel eine hohe Wärmeleitfähigkeit oder besondere optische Eigenschaften. Auf diese Arbeit bin ich selbst sehr stolz, weil dafür einige Forschungsergebnisse zusammenfließen mussten. Außerdem haben wir in meiner Arbeit das NV-Zentrum im Diamant untersucht, ein sogenanntes ‚Farbzentrum‘. Das ist eine winzige Verunreinigung im Diamantgitter, die dessen Farbe verändern kann. Je nach Ladungszustand kreiert das NV-Zentrum eine Gelb-, Rot- oder Rosafärbung oder kann sogar farblos werden. Genau diesen Ladungszustand konnten wir mit dem Transistor steuern, sodass wir gezielt von farblos zu rosa und zurück schalten konnten.“

Dennis Oing Nevermined
Dennis Oing, Prozessingenieur für Diamantsynthese bei Nevermined. © Nevermined

BPJ: War das Ihre Eintrittskarte in die heiligen Hallen von Nevermined?

OING:„Nicht ganz. Dass ich meinen Weg zu Nevermined gefunden habe, ist einem glücklichen Zufall geschuldet. 2021 habe ich meine Dissertation eingereicht und überlegt, wie meine Karriere weitergehen soll. Mein damaliger Mentor betrieb zu dem Zeitpunkt einen Wissenschaftspodcast und war bekannt für seine Expertise im Feld der Labordiamanten. Deshalb wurde er eines Tages von einem Kollegen angeschrieben: Der Kollege wollte sich austauschen zu einem Vortrag über die Grundlagen der Chemischen Gasphasenabscheidung, den er im Zuge seines Bewerbungsprozesses bei einem neuen Unternehmen namens Nevermined halten sollte. Mein Mentor hat mir damals die Stellenausschreibung vorgelesen. Zuerst habe ich das für einen schlechten Scherz gehalten, denn die Beschreibung klang perfekt für mich. Besser hätte ich sie mir nicht ausdenken können. Doch sie war wirklich echt! Daraufhin habe ich mich ebenfalls bei Nevermined beworben. Aber keine Angst: Der Kollege hat die Stelle mit mir zusammen bekommen. So haben wir 2021 erstmalig die Gründerin von Nevermined kennengelernt, Christine.“

CHRISTINE MARHOFER: „Dennis‘ Wissen rund um Labordiamanten hat meinen Gründungspartner und heutigen Ehemann Michael und mich im Bewerbungsprozess vom ersten Moment an umgehauen. Denn man muss sich vorstellen: Zu jenem Zeitpunkt gab es in Deutschland unseres Wissens nach keine Lab-grown-Produzenten. Das Feld war gänzlich unbesetzt, wir waren Pioniere. Dennis‘ Expertise war die perfekte Ergänzung für unser damals erst ein paar Monate altes Unternehmen.“

OING: „Sobald ich von Christines Vision erfahren habe, Labordiamanten am Standort Essen transparent, fair und nach deutschen Qualitätsstandards zu produzieren, gab es für mich kein Halten mehr. Meine Spielwiese war sozusagen vorbereitet. Jetzt konnten wir gemeinsam beginnen, Diamanten zu erschaffen.“

Christine Marhofer, Gründerin von Nevermined © Nevermined

BPJ: Wie funktioniert das genau?

OING: „Bei Nevermined produzieren wir Diamanten im sogenannten CVD-Verfahren. CVD steht für ‚Chemical Vapor Deposition‘, oder zu deutsch ‚Chemische Gasphasenabscheidung‘. Dabei werden kleine Diamantplättchen, sogenannte ‚Seeds‘, in einer Vakuumkammer platziert. Vereinfacht beschrieben, entsteht in dieser Kammer ein Plasma durch Mikrowellen, welche kohlenstoffhaltige Gase während des Prozesses zersetzen. Der freiwerdende Kohlenstoff setzt sich auf der Oberfläche der Seeds ab, und lässt so echte Diamanten Atom für Atom wachsen.“

MARHOFER: „Aktuell produzieren wir so bereits 175.000 Karat Rohdiamanten pro Jahr. Diese Rohdiamanten werden genau wie die Minenexemplare von uns bearbeitet und geschliffen. Wir bieten alle klassischen Cuts an, haben neuerdings aber auch Fancy Cuts im Angebot. Beispielsweise Princess, Marquise Brilliant, Modified Pear, Cushion oder Radiant, sowie ein unglaubliches rosa Herz von 1,26 Karat, das darauf wartet, in einem Schmuckstück verarbeitet zu werden. Von dem Moment, in dem das Diamantplättchen in die Maschine eingelegt wird, bis zum letzten Schliff des fertigen Edelsteins vergehen etwa ein paar Wochen.“

BPJ: Neben den Fancy Cuts haben Sie auch Fancy Colours im Angebot. Darf ich fragen, wie man Fancy Coloured Diamonds, also farbige Steine, genau herstellt?

MARHOFER: (schmunzelt) „Die Frage formulieren Sie schon richtig. Der exakte Herstellungsprozess ist das Herz unseres Geschäftsgeheimnisses. Was viele nicht wissen: Für die Diamantproduktion ist es mit den Maschinen nicht getan. Diese sind zwar theoretisch in der Lage, Diamanten wachsen zu lassen. Aber nicht mal die Maschinenhersteller wissen genau, wie das funktioniert. Wir mussten die chemischen und physikalischen Rezepturen für Diamanten eigenhändig im Labor entwickeln, im Trial-and-Error-Prinzip. Uns alle hat das viele schlaflose Nächte gekostet, denn ein einziger Versuch kostete an die 10.000 Euro.“

OING: „Aufgrund der hohen Kosten wurde jeder Versuch sehr genau geplant, um maximale Erkenntnisse daraus zu schöpfen. Mithilfe dieser Erkenntnisse haben wir uns dann Schritt für Schritt dem gewünschten Ergebnis genähert. Bis heute entwickeln wir den Prozess stetig weiter, wodurch wir mittlerweile auch farbige Diamanten herstellen können.“

MARHOFER: „Was man zum Herstellungsprozess der Fancy Colours verraten darf: Die Farbe entsteht durch die von Dennis erwähnten Farbzentren. In den meisten Fällen sind das andere Gitteratome im Kristallgitter. Man muss gerade mal jedes zweimillionste Kohlenstoffatom austauschen, um eine Farbwirkung zu erzielen. Allerdings ist der gezielte Einbau dieser Fremdatome schwierig und der Prozess muss für jede einzelne Farbe stark angepasst werden.“

BPJ: Nach dem Schliff werden die Diamanten von Nevermined von Ihrer eigenen Luxusschmuckmarke mandana in Haute-Joaillerie-Unikate verarbeitet. Das rosa Diamantherz wartet jedoch noch auf sein Schmuckstück, erwähnten Sie. Warum wurde es noch nicht verarbeitet?

MARHOFER: „mandana Jewellery verarbeitet mittlerweile ausschließlich Diamanten der Schwestermarke Nevermined, das stimmt. Aber Nevermined produziert auch für B2B-Kund:innen, Schmuckproduzenten, Juweliere oder den Fachhandel. Wir haben klassische klare Diamanten höchster Schmuckqualität gemäß den 4C im Angebot, Melee-Diamanten in weiß und farbig, Fancy Diamonds und sogar Special Colour Diamonds – das sind Diamanten, die die Qualität unserer klaren Diamanten mit zarten Farbakzenten vereinen. Das 1,26 karätige rosa Herz steht aktuell noch für externe B2B-Käufer:innen zur Verfügung. Ein Blick in unseren Online-Shop lohnt sich immer.“

Markenprofil

mandana

mandana Seit 2021 kreiert mandana Schmuckkollektionen mit lab-grown Diamanten. Die Marke steht für „Conscious Luxury“: Sämtliche Schmuckstücke bestehen aus recyceltem 750er Gold (18 Karat) und sind ganzheitlich nachhaltig durchdacht –...

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Markenprofil

Nevermined

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