Wunder der Natur und Technik – Naturdiamanten vs. Labordiamanten.
Emotional und wiederkehrend (Teil 3): Es geht um Zirkonia, Glassteine, Farbsteine. Es hat sich jedoch einiges verändert. Die Argumente für ihren Einsatz sind neu, ebenso wie das Produkt. Denn diesmal, so ist sich die Fachwelt einig, ist es tatsächlich ein Diamant. Mit drei Unterschieden zu seinem natürlichen Bruder: Einzigartigkeit, Seltenheit und Zielgruppe.
Die Preisfrage
Für den Markt bedeutet die wachsende Zahl an Produzenten, verbesserte Produktionstechnologien und sinkende Herstellungskosten einen steten Preisverfall in vergangenen Jahren. Zimnisky beobachtet die Preisentwicklung seit Jahren: „Die Kosten für synthetische Diamanten fallen seit 2016 rapide und werden vermutlich noch weitersinken.“ Er führt dafür folgenden Vergleich an: Im August 2023 zahlte man für einen normalen Ein-Carat-Diamanten aus natürlicher Quelle 5.185 USD, aus synthetischer Herstellung 1.425 USD.
Selbst Rappaport bescheinigt, dass der Preisunterschied momentan für den Labordiamanten arbeitet. Diese Einschätzung untermauert die Vervielfachung der Umsätze der Labordiamanten Hersteller in den vergangenen Jahren. Im Jahr 2016 lagen die weltweiten Umsätze noch bei 700 Millionen US-Dollar und stiegen im bisherigen Jahresverlauf 2023 auf 14,6 Milliarden US-Dollar an. Der Marktanteil lag im Jahr 2022 bereits bei 12,1 Prozent. Für Deutschland gibt es dazu keine validen Zahlen. Die Wachstumsprognosen sind positiv. Das bestätigt Katharina Schmitt, Geschäftsführerin von DIAVON: „Bis 2030, so prognostiziert Allied Market Research, soll der Markt für Labordiamanten, allein in den USA auf knapp 50 Milliarden US-Dollar steigen. Das ist eine sehr positive Entwicklung, die Nachfrage kommt gerade spürbar auch in Europa an. Im Uhrenbereich stellt etwa Breitling seine Produktion Ende 2024 komplett auf Labordiamanten um.“
Size-it-up!
Der geringe Preis hat für die Industrie zwei Seiten: Einerseits kann der Anreiz von Juwelieren sinken, in das Segment einzusteigen. Auf der anderen Seite bietet der geringere Preis die Möglichkeit, die Kreativität im Design und im Handwerk, speziell in der Shape-Technik ausleben zu lassen, speziell für die Zielgruppe. Wie Stütz im Gespräch betont: „Viele Juweliere schließen sich uns an und setzen auf Lab Grown Diamonds, weil sie damit eine neue, spannende Zielgruppe erreichen, die eine perfekte Ergänzung zum bestehenden Sortiment darstellt. Es ist eine großartige Gelegenheit für Wachstum und Innovation.“
Diamanten für die Vielen?
Die adressierte Zielgruppe für „Lab Grown Diamonds“ lässt sich aus den Werbekampagnen von Produzenten, Händlern und Schmuckherstellern einfach ableiten. Es ist die Generation der Millennials und Generation Z sowie Alpha – selbstbewusst und die Werte der Nachhaltigkeit lebend. Pandora positioniert sich in diesem Kundensegment mit dem Statement der „Demokratisierung von Diamanten“. Auf Nachfrage, wie die Verknüpfung von Demokratie und Diamanten gemeint sei, antwortet Mads Twomey-Madsen, SVP Global Communication & Sustainability von Pandora: „Wenn wir sagen, dass wir Diamanten demokratisieren wollen, meinen wir damit, dass wir Diamantenschmuck mehr Verbrauchern zugänglich machen und den Gebrauch von besonderen Anlässen auf etwas ausweiten wollen, das man jeden Tag tragen und genießen kann. Schöner Diamantschmuck ist nicht mehr nur etwas für wenige.“ Und er betont: „Dank der Innovation können wir im Labor Diamanten herstellen, die identisch mit Diamanten aus der Mine sind, aber erschwinglicher und mit einem viel geringeren CO2-Fußabdruck.“
Ähnlich sieht es Schmitt: „Der Verbraucher hinterfragt zu Recht kritisch und sucht nach ökologischen und ökonomischen Alternativen, die fairer, sozial gerechter und nachhaltiger sind. Vor allem für die Zielgruppe von 25 bis 38, die sogenannten Millennials, sowie für die darauffolgende Gen Z sind diese Faktoren oftmals primär ausschlaggebend für die Kaufentscheidung.“ Im Zuge des Bewusstseinswandels in der Gesellschaft werde einerseits nach Alternativen zu Minendiamanten gesucht, betont Schmitt. Sie ergänzt: „Andererseits eröffnet sich die Chance, eine ganz neue Kundengruppe zu erschließen, für die Diamanten zuvor entweder aus finanziellen oder aus ethischen Gründen gar nicht von Interesse waren.“ Dies biete der Branche ein zukunftsorientiertes Produkt für eine Zielgruppe, die bewusst andere Wege geht und Konsum & Luxus neu definiert.“
Diamantenfarm: Einblicke in die Herstellung von synthetischen Diamanten der Diamond Foundry.
Ein Markt in Bewegung
Diese Entwicklung kommt verstärkt bei den Juwelieren an. Die adressierte Zielgruppe fragt gezielt nach Lab-Grown-Kollektionen und Produkten. Dabei ist ein erster Trend erkennbar. Konsumenten mit einem bestimmten Budget entscheiden sich für einen Ring mit synthetischen Diamanten, da diese einen höherkaratigen Stein bei vergleichsweise niedrigem Preis bieten. Darüber, ob sich der Trend auch in Europa ähnlich wie in den USA durchsetzen werde, gehen die Meinungen auseinander. So etwa sieht Albert Ruppenthal, Geschäftsführer A. Ruppenthal KG, kein ähnliches Potenzial für einen Siegeszug synthetischer Diamanten in Europa. „Markt und Traditionen sind andere,“ zeigt sich Ruppenthal durch eine gestartete Umfrage unter Fachkunden bestärkt: „Die Nachfrage nach synthetischen Diamanten war sehr gering. Im Gegensatz zu den USA möchte der Verbraucher in Europa etwas Einzigartiges aus der Erde, mit einer eigenen DNA, wie etwa bei Farbedelsteinen.“
Das neue Geschäftsfeld steht erst am Beginn einer möglicherweise rasanten Entwicklung. Die Diskussionen ebenso. Ob es tatsächlich zu einer Disruption am Diamantenmarkt kommt, wird sich in den kommenden Jahren zeigen. Dass es Diamanten auch weiterhin geben wird, daran besteht jedoch kein Zweifel! Der Titelsong des James Bond-Blockbusters wird also nicht an Aussagekraft verlieren.