Wunder der Natur und Technik – Naturdiamanten vs. Labordiamanten.
Emotional und wiederkehrend: Es geht um Zirkonia, Glassteine, Farbsteine. Es hat sich jedoch einiges verändert. Die Argumente für ihren Einsatz sind neu, ebenso wie das Produkt. Denn diesmal, so ist sich die Fachwelt einig, ist es tatsächlich ein Diamant. Mit drei Unterschieden zu seinem natürlichen Bruder: Einzigartigkeit, Seltenheit und Zielgruppe.
Erwan Rambourg, ehemaliger Manager bei LVMH und Richemont stellte in seinem Buch „Die Zukunft des Luxus“ 21 Thesen auf. Einige der Thesen sind seit ihrer Veröffentlichung im Jahr 2020 bereits eingetreten. Andere werden sich erst mit der Realität messen müssen. So etwa These 20 „Cartier, Tiffany und Bulgari werden für ihre Uhren und ihren Schmuck vorwiegend Labordiamanten einsetzen, jedoch werden die Mittelsteine hochwertiger Produkte weiterhin aus Minen stammen.“ In seiner Ausführung dazu meint er: „Makellosigkeit besitzt keinen Charme. Das Wissen, dass jeder natürliche Diamant ein Unikat ist, während künstliche Steine makellos sind, ist unter Marketinggesichtspunkten nicht gerade toll. Wahrscheinlich will man doch einen einzigartigen Stein haben.“
Dass seine These in Bezug auf Tiffany nicht so abwegig ist, wie sie auf den ersten Blick erscheint, zeigt ein 2022 getätigtes Investment des LVMH-Konzerns. Medienberichten zu Folge stieg am 14. Juni 2022 LVMH Luxury Ventures gemeinsam mit dem Ragnar Crossover Fund mit rund 90 Millionen USD bei Lusix, einem Produzenten synthetischer Diamanten, ein. Der Businessansatz des Unternehmens beruht auf der Überzeugung, mit Labordiamanten eine Disruption des Marktes für hochwertigen Schmuck hervorzurufen. Wie dieser möglicherweise aussehen wird, das zeigt die aktuelle Entwicklung am Schmuckmarkt. Immer mehr namhafte Schmuckhersteller entwickeln eigene Kollektionen für synthetische oder, in Englisch bezeichnet, „Labor grown Diamonds“. Eine Entwicklung, die gekommen ist, um zu bleiben?
Einzigartigkeit vs Makellosigkeit?
Der Diamant fasziniert. Seine Entstehung. Seine Seltenheit. Seine Einzigartigkeit. Sein Glanz. Er überstrahlt alles. Im Grunde genommen ist er jedoch eines: Ein Stück gefestigten Kohlenstoffs. Während er in seinem gasförmigen Zustand zu den wesentlichen Treibern des Klimawandels zählt, weckt er in seinem, über Jahrmillionen geformten und gefestigten Zustand, nicht nur die Begehrlichkeit der Schmuckträgerinnen und -träger, sondern besonders jener der Industrie. Der Einsatz von Diamanten ist eng mit dem technologischen Fortschritt verbunden und heute kaum wegzudenken. Diamanten sind in ihren Eigenschaften kaum mit einem anderen Werkstoff vergleichbar. Ihre Härte, Wärmeleitfähigkeit und ihre Beständigkeit sind für die Industrie- und Technologiebranche seit der Industrialisierung von großer Bedeutung. Jedoch für eine breite Anwendung zu teuer. Daher begannen Forscher von General Motors in den 50er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts ein Produktionsverfahren für synthetische Diamanten zu entwickeln.
Heute sind die Verfahren so hoch entwickelt, dass sie makellose Steine hervorbringen. Ähnlich wie bei Naturdiamanten finden jedoch auch bei synthetischen Diamanten nur die hochwertigsten und reinsten ihren Weg in ein Schmuckstück. 98 Prozent der weltweit produzierten Labordiamanten finden ihren direkten Weg in die Industrie und Technologiebranche. Dort ist der Werkstoff Diamant für die kommenden technologischen Sprünge nicht mehr weg zu denken. Laut Experten erhöht der Einsatz von Diamanten die Speicherkapazitäten um ein Mehrfaches.
Neuer Markt, neues Glück
Das Zukunftspotenzial haben viele Investoren erkannt. Die hohe Nachfrage versetzt die Branche in Aufregung. Die Produktion ist standardisiert, die Herstellungskosten attraktiv, die Investments hoch, ebenso die erwartbare Rendite. Immer mehr Produzenten finden sich am Markt ein. Es fühlt sich ein bisschen nach Goldgräber-Stimmung an.
Dass es sich um ein Big Business handelt, zeigt ebenfalls die Investitionsentscheidung von Black Rock, einem weltweit größten Finanzinvestor und -anleger. Am 10.7.2023 gab Pandora, der laut eigenen Angaben größte Schmuckproduzent, bekannt, dass Black Rock die Aktien- und Stimmanteile auf 10,5 Prozent aufstockt.
Ein wesentlicher Faktor, der zum rasanten Aufstieg beiträgt, ist die positiv besetzte Positionierung von synthetischen Diamanten. Themen wie Nachhaltigkeit, Arbeits- und Menschenrechte werden für den Imageaufbau in den Mittelpunkt des Markenauftritts und der Kommunikation gerückt. Die Branche grenzt sich damit dem Fokus gegenüber jener der Naturdiamanten ab. Wie etwa das US-amerikanische Unternehmen Diamond Foundry, das besonders durch den medienwirksamen Einstieg von Leonardo Di Caprio im Jahr 2006 in der Öffentlichkeit bekannt wurde. Das Unternehmen aus dem Silicon Valley, gegründet und geleitet vom Österreicher Martin Roscheisen, setzt auf den USP und zieht namhafte Investoren an.
Licht und Schatten: Nachhaltigkeit ist angekommen
Der Film „Blutdiamanten“ traf im Jahr 2006 die Branche hart. Seither sind globale Anbieter und Händler von Naturdiamanten dabei, vielfältige Maßnahmen rund um das Thema Nachhaltigkeit in der Wertschöpfungskette zu verankern. Denn der Druck seitens der Verbraucherinnen und Verbraucher ist hoch. Die Kaufentscheidungen werden immer bewusster gefällt. Die Messlatte, speziell der jüngeren Generationen, an Produkte und ihre Auswirkungen in Bezug auf Umwelt und die Einhaltung von Arbeits- und Menschrechten sind ebenso hoch, wie die Sensibilität auf die Markenkommunikation.
Entscheidend ist Transparenz, für beide –Produktionsformen und Produkte. Denn auf beiden Seiten gibt es Licht und Schatten. Für Juweliere wie für Kunden heißt es, genau hinzuschauen und die Entwicklungen der Branche immer wieder im Blick zu haben. Denn eines ist klar. Beide sind gekommen, um zu bleiben. Oder wie es der Titelsong des Bond Films „Diamantenfieber“ mit Sean Connery so treffend formuliert: Diamonds are forever.
Folgt in Kürze: Lesen Sie weiter im zweiten Teil, wie aus einem Diamanten zwei Produkte werden, was Branchenvertreter sagen und welche Sicherheiten man beim Kauf von Diamanten gewährleisten kann.