Ist Corona höhere Gewalt?

Die juristisch nicht unwichtige Frage, ob die Corona-Krise als „höhere Gewalt“ gewertet wird, beschäftigt Händler und Lieferanten. Der Einzelhandelsverband Textil hat dazu nun einen Flyer herausgebracht.


Die Frage, ob es sich bei der Corona-Krise um „höhere Gewalt“ handelt, ist nach Ansicht des Textilverbands BTE unter Juristen bereits geklärt. Die Antwort lautet „Ja“, somit seien beispielsweise Schadensersatzansprüche wegen Nicht-Lieferung kaum möglich. Die WHO hatte den Ausbruch des Corona-Virus Ende Januar zur „Gesundheitliche Notlage mit internationaler Tragweite“ erklärt. Am 11.03.2020 folgte der Pandemie-Status. Damit dürfte das Corona-Virus als „höhere Gewalt“ einzustufen sein, heißt es in dem Flyer. Liegt ein Fall „höherer Gewalt“ vor, so werden die Parteien von ihren Hauptleistungspflichten befreit, ohne dass die andere Vertragspartei deswegen grundsätzlich Schadensersatz verlangen könne.

Der Lieferant hat den Kunden unverzüglich von (drohenden) Lieferausfällen infolge des Corona-Virus zu informieren. Bei schuldhaftem Verzögern der Informationen können unter gewissen Umständen Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden.

In der Regel sei es sinnvoll, dass ein Einzelhandelsunternehmen seine Lieferanten in dokumentierter Art und Weise fragt, ob sie infolge des Corona-Virus mit Lieferengpässen, Verzögerungen oder sonstigen Problemen rechnen, rät der Verband. Er empfiehlt, die Situation  mit dem Lieferanten zu klären und dabei die rechtlichen Hinweise zur „höheren Gewalt“ als Argumentationsgrundlage zu verwenden.

Auf die Frage von Händlern, ob verspätete Ware angenommen werden müsse oder ob man Aufträge stornieren könne, verweist der Verband zunächst auf den Kaufvertrag, bzw. die AGBs. Hier könnten beispielsweise Nachlieferfristen vorgesehen sein. Bei ausländischen Lieferanten gebe es oft abweichende Regelungen, die nicht selten nachteilig für den Händler formuliert seien.

Auf die Frage, ob es ein außerordentliches Kündigungsrecht für den Händler gibt, sollte der Lieferant wegen des Corona-Virus nicht liefern können, gibt es keine eindeutige Antwort.Grundsätzlich bestehe kein Recht. Setzt der Lieferant jedoch keine zumutbaren Maßnahmen um, um trotz der Schwierigkeiten liefern zu können, kann eine Vertragsverletzung vorliegen und ein Anspruch auf Schadensersatz oder zum Rücktritt entstehen. Der Verband rät, dass der Händler dem Lieferanten schriftlich mitteilen solle, bis wann und warum er die Ware spätestens benötigt und mit ihm besprechen, welche Maßnahmen möglich sind, um die Lieferung sicherzustellen. Gehe der Lieferant darauf nicht ein, sollte der Auftraggeber eine Mahnung verschicken. Reagiere der Lieferant darauf nicht, kann sich das Einzelhandelsunternehmen nach alternativen Lieferanten umsehen und die Zusatzkosten nachträglich zurückfordern.

Grundsätzlich rät der Verband seinen Händlern dazu, die Lieferanten vorab schriftlich zu informieren, um in einem möglichen Streitfall bessere Chancen zu haben, Schadensersatz zu erhalten. Sonst könne der Lieferant behaupten, dass er nicht gewusst habe, wie dringend die Angelegenheit sei und er – wenn er es denn gewusst hätte – zusätzliche Maßnahmen ergriffen hätte.

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