Letzter Gong für Les Ambassadeurs: Spiegelbild des Branchenumbruchs

Les Ambassadeurs Luzern schließt

Die letzte Filiale von Les Ambassadeurs in Luzern schloss Mitte November – das Ende eines Luxusretailers mit fast 60 Jahren Geschichte. © Les Ambassadeurs

Wie DERJUWELIER.at bereits im Mai berichtete, steht Les Ambassadeurs nun vor dem endgültigen Ende. Die Schweizer Traditionskette, über Jahrzehnte Synonym für Luxusuhren, edlen Schmuck und internationale Markenkompetenz, schloss am 15. November 2025 ihre letzte verbliebene Filiale am Luzerner Kapellplatz. Mit dem Aus verschwinden nicht nur rund 40 Arbeitsplätze, sondern auch ein Symbol des klassischen Multibrand-Uhrenhandels.



Ende einer Ära und Bestätigung einer Entwicklung

Les Ambassadeurs war seit fast 60 Jahren ein fixer Bestandteil der Schweizer Luxuslandschaft. Doch die strukturellen Herausforderungen, die im Frühjahr bereits klar sichtbar waren, haben sich bestätigt. Die Suche nach Investoren ist gescheitert. Verwaltungsratspräsident Renato A. Vanotti bestätigte in einem Schreiben an die Kundschaft, dass keine tragfähige Lösung gefunden werden konnte. Dabei hatte das Unternehmen versucht, das Konzept neu auszurichten, unabhängige Marken stärker in den Fokus zu rücken und sich von den großen Konzernen zu emanzipieren. Diese Strategie konnte jedoch die strukturellen Probleme nicht abfedern.

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Der Fall Les Ambassadeurs zeigt beispielhaft, wie sich das Kräfteverhältnis zwischen Konzernen und Einzelhändlern verschiebt – und was Fachhändler künftig erwartet. Bild: Renato Vanotti, Präsident der zur Excellence Holding gehörenden Uhrenkette. © SCMP

Der Rückzug der Marken: Ein massives Problem für Multibrand-Händler

Wie Vanotti bereits im Mai offen aussprach, war der Rückzug großer Hersteller der entscheidende Faktor. Audemars Piguet, Breguet, Blancpain, Omega und weitere Swatch-Group-Marken hatten sich bereits aus dem Multibrand-Vertrieb verabschiedet. Diese Reduktion traf Les Ambassadeurs direkt ins Herz: Allein die zuletzt abgezogenen Swatch-Marken machten rund ein Drittel des Gesamtumsatzes aus. Ohne diese Volumenmarken war ein wirtschaftlicher Betrieb an Premiumlagen wie der Zürcher Bahnhofstrasse oder der Genfer Rue du Rhône nicht mehr darstellbar, zumal sich die Mieten, wie Vanotti öffentlich bestätigt hatte, teilweise mehr als verdoppelten.

Schuldenfrei, aber ohne Zukunft

Die Schließung erfolgt laut Vanotti „zu einem schuldenfreien Zeitpunkt“. Es handle sich nicht um einen Konkurs und nicht um eine Liquidation. Alle Verpflichtungen würden erfüllt, die vorhandenen Werte sinnvoll genutzt. Dennoch: Für rund 40 Mitarbeiter endet das Arbeitsverhältnis spätestens mit Jahresende.

Bucherer übernimmt temporär

Das traditionsreiche Gebäude am Kapellplatz, in dem zuvor das Musikhaus Hug und später Les Ambassadeurs residierten, bleibt der Uhrenwelt jedoch erhalten. Nach einem bis Juni 2026 geplanten Pop-up-Store soll dort vorübergehend Bucherer einziehen – als Ersatzstandort während Umbauarbeiten am Hauptgeschäft am Grendel. Die Zwischenlösung wirkt wie ein Sinnbild der Kräfteverschiebung: Wo früher ein unabhängiger Händler stand, positioniert sich nun ein vertikal integrierter Branchenriese.

Les Ambassadeurs Boutiquen in Zürich und Genf. © Les Ambassadeurs

Ein Warnsignal für den gesamten freien Fachhandel

Der Fall Les Ambassadeurs bestätigt eindrucksvoll die Entwicklungen, über die DERJUWELIER.at im Mai bereits ausführlich berichtet hat. Der klassische Multibrand-Handel verliert systematisch seine Basis. Die großen Uhrenkonzerne setzen immer stärker auf eigene Boutiquen, kontrollierte Vertriebssysteme und vertikale Integration.

⊕ Rolex hat mit der Übernahme von Bucherer ein klares Signal gesetzt und entzieht Konzessionen
Richemont forciert mit TimeVallée ein globales Boutique-Modell.
Swatch Group hat den Multibrand-Handel weitgehend aufgegeben.

Für unabhängige Händler bedeutet diese Entwicklung eine wirtschaftliche Zwangslage: Ohne die starken Volumenmarken fehlen die Umsätze, um Mieten, Personal und Infrastruktur auf Premiumlagen zu finanzieren. Gleichzeitig reicht der Hype um unabhängige Manufakturen wirtschaftlich nicht aus, um die Lücke zu schließen.

Bedeutet das Aus auch eine Chance?

DERJUWELIER.at hält dennoch fest: Auch wenn Les Ambassadeurs verschwindet, könnte das Vakuum neue Konzepte ermöglichen. Die Zukunft des Fachhandels dürfte in flexibleren Flächenmodellen, stärkerer Spezialisierung, erlebbaren Boutiquekonzepten und digital unterstütztem Verkauf liegen. Der Markt braucht unabhängige Fachhändler – jedoch in einer neuen Form. Markenunabhängige Expertise, persönliche Beratung, Servicequalität und Spezialisierung werden im kommenden Jahrzehnt entscheidender sein als große Schaufensterflächen an 1A-Lagen.

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