Der Hirsch-Streit geht in die nächste Runde. Denn auch die Antwort von CEO Robert Hirsch (hier) konnte die Wogen nicht glätten, hat nach Ansicht zahlreicher Juweliere die Unterschiede und damit die Enttäuschung sogar größer gemacht.
Die latente Unzufriedenheit vieler Hirsch-Fachhändler konkretisiert sich. Nachdem sich CEO Robert Hirsch in einer Stellungnahme bei „Blickpunkt Juwelier“ zu den massiven Vorwürfen der Juweliere geäußert hatte, zeigten sich einige Händler enttäuscht. Der Geschäftsführer hätte in seiner Stellungnahme nach ernst gemeinter Kritik nichts anderes gemacht, als seine Strategie vehement zu verfolgen – so als hätte er gar nicht zugehört, schrieb ein Juwelier. Ausführlich äußerte sich Hans Mikl zur Stellungnahme und zur aktuellen Situation seiner Zusammenarbeit mit Hirsch. Hans Mikl ist ein Wiener Uhrmachermeister, der gemeinsam mit seiner Frau in der Wiener Innenstadt ein Uhrengeschäft führt, das für viele Juweliere als vorbildliches Konzept gilt (hier). Im Fokus stehen Beratung und Serviceleistungen von mechanischen Uhren in der Einstiegspreislage. Vor allem konzernunabhängige Uhrenmarken bis rund 1.500 Euro stehen in seinem Fokus. Zu seinen Konzessionsmarken zählen aber auch Nomos, Eterna, Meistersinger, Baume & Mercier oder Dornblüth. Die Firma Hirsch gehört zu seinen wichtigsten Partnern. „Wir sind seit über 20 Jahren Kunden und wir waren bisher immer von der Qualität, dem Preis-, Leistungsverhältnis, der Flexibilität und vor allem der professionellen Abwicklung von Hirsch begeistert“, schreibt Mikl und ergänzt mit seinen Aber: … seit ungefähr zwei Jahren fahre man das Unternehmen an die Wand mit seiner neuen, „modernen“ Ausrichtung. Wie andere seiner Kollegen beschreibt auch Mikl, dass er sich in der Vergangenheit mit seiner Kritik an das Unternehmen gewandt, aber keine Reaktion bekommen habe. Im Groben kritisiert Mikl in seinen wohl formulierten „Denkanstößen an die Verantwortlichen der Firma Hirsch” die drei Themenschwerpunkte Online-Shop/Außendienst, Schnellwechselsystem und Preisauszeichnung. Es folgen die Ausschnitte des Facebook-Beitrags von Hans Mikl im leicht bearbeiteten Original:
Online-Shop/Außendienst:
„Zuerst brauchen wir Händler aktive Außendienstmitarbeiter, die uns regelmäßig besuchen, die uns Neuheiten vorstellen und als Partner unterstützen. Der Verzicht bzw. die Dezimierung von Außendienstmitarbeitern (die Robert Hirsch in seiner Stellungnahme verneinte, die Red.) spiegelt sich 1:1 im Umsatz wieder. Die “web-boutique” ist zwar gut gemeint, aber so schlecht umgesetzt, dass das System im Alltag nahezu unbrauchbar ist. Farben werden nicht angezeigt, eine umständliche Benutzung und, und und… Jeder der das Swatchgroup-Extranet oder den Nomos-Corner kennt, weiß wie es richtig gemacht wird.“
Schnellwechselsystem:
„Die Capsa-Stift-Lösung ist eine Katastrophe. Bei minimalen Abweichungen in der Breite ist es unmöglich das Band zu montieren. Da hilft nur Rauszwicken und einen normalen Federsteg montieren. Obendrein leidet die Stabilität des Bandes durch den Einschnitt für den Stift. Dass der Kunde jetzt gleich mehrere Bänder kauft und ständig selber wechselt, trifft meiner Meinung nach nur auf einen verschwindend geringen Anteil von Kunden zu. Aber natürlich kann man das Band so besser direkt über den eigenen Webshop (und weitere zahllose Internetanbieter) an den Kunden verkaufen.
Man kann zwar das Band ohne Capsa-Stift bestellen, dies aber nur mit einem gewaltigen Aufpreis und wochenlanger Wartezeit. Das Band ist dadurch ja eine Sonderanfertigung.
Wobei ich beim größten Kritikpunkt wäre. Das Hirsch-Uhrband und die Firma Hirsch waren in der Vergangenheit ein Synonym für bescheidene Flexibilität. Sonderanfertigungen, Einprägungen, Ausschnitte… alles kein Problem und zu einem vernünftigen Preis zu haben. Für uns Händler und für die Kunden war es das große Qualitätskriterium – in Verbindung mit der heimischen Produktion war das auch immer ein sehr wichtiges Kaufargument und für uns das Argument jahrelang auf die Firma zu setzen. Aber jetzt kostet ein „Duke“ als Sonderanfertigung (z. B. 19mm) ein Vielfaches des Standard-Uhrbandes. Auch ein Band ohne Capsa-Stift gilt als „Sonderanfertigung“ zu einem horrenden Preis. Ein Preis, der weder für den Kunden, noch für uns als Verkäufer akzeptabel ist. Und abgesehen davon dauert es als Sonderanfertigung Wochen bis zu Lieferung.“
Preisauszeichnung:
„Kunden wollen sofort wissen was das Band kostet. Der Preis spielt in der Kaufentscheidung eine wesentliche Rolle. Sich ein schönes Band auszusuchen und am Schluss festzustellen, dass es weit mehr als erwartet kostet, ist eine Enttäuschung für den Kunden. Dass wir Verkäufer den Preis wissen, spielt zu diesem Zeitpunkt keine Rolle. Schließlich wollen wir dem Kunden die Bänder nicht in Preisklassen anbieten.“
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