In Kürze öffnet die Vicenzaoro: BPJ traf Marco Carniello zum Gespräch über Programm, Made-in-Italy und die Zukunft.
Es wird wieder der goldene Teppich ausgerollt: Im Vorfeld der diesjährigen Vicenzaoro traf Blickpunkt Juwelier Marco Carniello, Global Exhibition Director Jewellery & Fashion der Italian Exhibition Group zum Gespräch über die Wertigkeit der Messe, der Marke “Made-in-Italy”, die Zukunft und natürlich das diesjährige Programm.
Blickpunkt Juwelier (BPJ): Vicenza wird auch dieses Jahr wieder glänzen und funkeln. Was bedeutet Luxus für Sie persönlich? Und, worin liegt der Reiz von Schmuck? Marco Carniello (MC): Ich würde mir einen Satz von Giorgio Armani ausleihen: Luxus ist all das, wobei wir uns wohlfühlen. Das kann eine handgefertigte Jacke sein oder die Zeit, die man mit einem geliebten Menschen verbringt. Die Faszination eines Schmuckstücks liegt für mich in seiner Fähigkeit, eine Geschichte zu erzählen – eine Geschichte über Exzellenz, großer Tradition und technischen und kreativen Fähigkeiten bei seiner Herstellung. Hinzukommt die persönliche Geschichte, oft eng verbunden mit einem besonderen Moment im Leben oder mit für uns wichtigen Menschen.
BPJ: Nach sehr turbulenten Jahren wird immer wieder die Frage gestellt, ob Messen, insbesondere analoge Messen, noch zeitgemäß sind. Wie lautet Ihre Einschätzung?
MC: Gerade auf dem Höhepunkt der Krise, mit der Schließung der großen Veranstaltungen, wurde die Bedeutung der Messen selbst von ihren größten Skeptikern unterstrichen. Der Besucherrekord der Vicenzaoro in diesem Jahr ist Beweis dafür. Die Messe ist ein sehr wichtiger Moment für das Business, für Beziehungspflege und für die Internationalisierung. Sie sind eine Plattform für den Austausch aller Marktakteure.
BPJ: Nächstes Jahr feiert Vicenzaoro sein 70-jähriges Bestehen. Was hat die Messe im Laufe der Jahrzehnte so attraktiv gemacht? Was ist das Geheimrezept?
MC: Es gibt kein Geheimrezept. Vor allem ist es ein Privileg mit Schmuck „Made in Italy“ und der Exzellenz der italienischen Goldschmiedezentren, Vicenza, Arezzo, Valenza und Torre del Greco zu arbeiten. Sie sind weltweit für Schmuck und Technologie geschätzt. Hinzu kommen eine langfristige Strategie und eine Planung. Diese baut auf dem Bewusstsein auf, durch viel Zuhören, die Schmuckindustrie zu fördern
BPJ: Warum wird die Vicenzaoro für internationale Aussteller immer attraktiver?
MC: Die Messe ist stark gewachsen und wird immer internationaler. Im September sind Aussteller aus 34 Ländern vertreten. Sie machen aktuell einen Anteil von rund 40 Prozent aus. Dies ist auf unterschiedliche Faktoren zurückzuführen. Drei halte ich für besonders relevant. Einer ist das Format der „Jewellery Boutique Show“. Wir bieten den Besuchern aus mehr als 130 Nationen eine Auswahl der besten Produkte entlang der gesamten Lieferkette an. Der zweite Faktor ist der Fokus auf Trends. Der dritte, dass wir unseren Kunden zuhören, um jede Ausgabe auf ihre Bedürfnisse abzustimmen.
BPJ: Wohin geht die Reise von Vicenzaoro in der Zukunft?
MC: In Richtung immer größerer Internationalität und eines immer besseren Serviceniveaus, das auf digitaler Innovationen und eines kontinuierlichen Engagements der während des ganzen Jahres basiert.
BPJ: Wird es zum 70ig-jährigen Jubiläum im nächsten Jahr ein Facelifting geben oder ist die Messe noch jung genug?
MC: Mit jeder der jährlich zwei Ausgaben versuchen wir, neue Elemente hinzuzufügen. Das wird 2024 nicht anders sein. Vor allem aber wird das Jubiläumsjahr ein großes Festival sein, das wir gemeinsam mit denjenigen feiern, die es möglich gemacht haben: den Akteuren, d. h. den Unternehmen, Einkäufern, Verbänden, Institutionen, Medien…
BPJ: Welche Inhalte werden in Zukunft für die Branche besonders interessant sein? Werden Sie neue Formate entwickeln? Sind bereits welche in Planung?
MC: Was den Schmuck in Vicenza betrifft, so werden wir weiterhin in die Ausbildung und Information investieren. Was die Formate betrifft, so haben wir in den letzten Jahren drei der Uhrmacherei gewidmete Formate entwickelt, die wir sicherlich weiter ausbauen werden, da es sich um ein Segment mit großem Potenzial handelt.
BPJ: Welche drei Formate sind das?
MC: Das sind „TIME“ als B2B-Bestandteil von Vicenzaoro und zwei B2C-Formate: „VO'Clock Privé „für die zeitgenössische Uhrmacherei, die vom 8. bis 10. September für das Publikum geöffnet ist, und „VO Vintage“ für Vintage-Uhren und -Schmuck, im Rahmen der VO-Ausgabe im Januar stattfindet.
BPJ: Welche wirtschaftliche Bedeutung hat die Messe für Vicenza, die Region und den italienischen Schmuck? Wie sieht die Zukunft dieses Standorts aus?
MC: Vicenzaoro ist nicht nur in Europa führend, sondern gehört zu den Top 3 der internationalen B2B-Veranstaltungen des Sektors. Das wirkt sich sehr positiv auf die Exportentwicklung von Schmuck „Made in Italy“ und auf die Region aus. Die „Made-in-Italy“ – Exporte sind gegenüber den Vor-Corona-Jahren um + 40 Prozent gestiegen. Im gleichen Zeitraum hat die Vicenzaoro ihre maximale Größe erreicht. Die beiden Dynamiken sind miteinander verbunden und tragen sich selbst. Die Italian Exhibition Group (IEG) wird daher weiterhin in die Messe Vicenza und ihre Veranstaltungen investieren.
BPJ: Das Stichwort „Made in Italy“ ist bereits gefallen. Wie wichtig ist die Messe für Made-in-Italy?
MC: Auf Grund der überwiegend klein- bis mittelständisch geprägten Struktur der italienischen Unternehmen, ist die Messe absolut zentral. Darüber hinaus ist die Vicenzaoro auch ein großartiges Werbe- und Co-Branding-Instrument für Made-in-Italy.
BPJ: Was versteht man unter Made-in-Italy im Allgemeinen und im Schmucksektor im Besonderen?
MC: Made-in-Italy ist eine Mischung aus Kreativität und Stil, technischem Know-how und Innovation, Werten und unternehmerischen Fähigkeiten. Italien steht nicht nur von für die Exzellenz der Marken – von Mode über Technologie bis hin zur Küche – sondern auch für sein hochspezialisierte Handwerk. Dafür ist Schmuck ist ein perfektes Beispiel.
BPJ: Welches sind die Elemente, die das Made-in-Italy” bei Vicenzaoro besonders hervorheben?
MC: Auf der Vicenzaoro finden die Käufer neben dem internationalen Angebot alles, was „Made-in-Italy“ ausmacht: vom Schmuck der Haute-Couture-Marken über die Goldschmiedemanufaktur, zeitgenössischer Uhrmacherei, Halbfertigprodukte und Komponenten bis hin zu den Produktions- und Verarbeitungstechnologien und Verpackungen. Dabei achten wir im Auftritt, dass alles dem Stil des „Made-in-Italy“ entspricht. Wir sagen daher immer: Die Messe ist international, mit italienischem Geschmack.
BPJ: Im Rahmen der Messe ist ein umfangreiches inhaltliches Austauschprogramm geplant. Wird insbesondere das Trendbuch 2025+ der Branche vorgestellt? Wie wichtig sind diese Elemente der Messe außerhalb des Ausstellungsbereichs?
MC: Das Business auf der Messe bleibt natürlich weiterhin wichtig. Aber es geht nicht nur darum. Weiterbildung, Information und Networking sind ebenfalls strategische Elemente die eine Messe bieten muss – und zwar auf höchstem Niveau. Besonders wichtig ist dabei der Blick in die Zukunft, also die Diskussion über Trends. Wir haben uns daher zum Ziel gesetzt die „Trend Show“ für die gesamte Schmuckindustrie zu sein.
BPJ: Kann die Vicenzaoro als Modell für andere Messen gelten? Oder anders gefragt: Ist Vicenzaoro eine Ware, die man exportieren kann?
MC: Es gibt sehr gute Messen in der Welt. Ich weiß nicht, ob wir ein Modell für andere Organisationen sein können, aber die Kompetenzen von Vicenzaoro – vor allem dank seines außergewöhnlichen Teams – sind sicherlich ein strategischer Vorteil für IEG und helfen uns, neue Entwicklungsprojekte in Italien und im Ausland anzugehen. Gleichzeitig wurde Vicenzaoro dadurch gestärkt, dass es sich auf die Struktur von IEG stützen kann, die ihre Größe und damit ihre Investitionskapazität im Vergleich zu früher verdreifacht hat.