
Aktuelle KSV1870-Zahlen zeigen: Insolvenzdruck steigt weiter – Einzelhandel, Bau und Gastronomie besonders im Fokus. © KSV
Die wirtschaftliche Lage vieler Unternehmen bleibt angespannt: Laut aktueller Hochrechnung des KSV1870 wurden im ersten Halbjahr 2025 insgesamt 3.500 Unternehmensinsolvenzen in Österreich verzeichnet – das entspricht einem Anstieg von 6,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Besonders betroffen: Einzelhändler, Bauunternehmen sowie Betriebe aus Gastronomie und Hotellerie. Insgesamt mussten im Durchschnitt 19 Unternehmen pro Tag den Gang zum Insolvenzgericht antreten.
Einzelhandel im Fokus: Anstieg um 11 Prozent
Unter den am stärksten betroffenen Sektoren liegt der Einzelhandel mit 324 Fällen an der Spitze – ein Plus von 11 Prozent im Vergleich zu 2024. Der Großhandel verzeichnete mit 167 Fällen sogar einen Rückgang um 5 Prozent, während der Kfz-Handel mit 108 Fällen nahezu stabil blieb. Mit insgesamt 599 Insolvenzen ist der gesamte Handelsbereich die am stärksten betroffene Branche – ein deutliches Signal auch an Juweliere und Fachhändler, die ihre Position in diesem Umfeld regelmäßig analysieren sollten.
Passiva sinken trotz höherer Fallzahlen
Obwohl mehr Insolvenzen verzeichnet wurden, sind die vorläufigen Passiva im Vergleich zum Vorjahr um 57 Prozent auf 4,8 Milliarden Euro gesunken. Grund hierfür ist der Rückgang von Großinsolvenzen mit besonders hohen Passiva. Im Vorjahr hatten insbesondere mehrere Pleiten innerhalb der Signa-Gruppe das Bild verzerrt. Dennoch bleibt die Gesamtlage kritisch – fast 30 der 40 größten Insolvenzen (Passiva über 10 Mio. Euro) wurden allein in Wien angemeldet.
Immobilienbranche mit Höchstwerten
Der mit Abstand höchste prozentuale Anstieg an Firmenpleiten findet sich im Grundstücks- und Wohnungswesen mit einem Zuwachs von 83 Prozent (263 Fälle). Auch hier wirken Nachbeben der Signa-Insolvenzen nach. Dieser Bereich vereint mit rund 1,35 Milliarden Euro die höchsten Passiva und unterstreicht die strukturelle Instabilität am Immobilienmarkt – ein Trend, der indirekt auch den stationären Einzelhandel beeinflussen kann.

Wirtschaftliche Unsicherheit als Dauerzustand
Laut aktueller KSV1870-Umfrage sind derzeit nur 43 Prozent der österreichischen Betriebe mit ihrer Geschäftslage zufrieden – der tiefste Wert seit fünf Jahren. Die Ursachen sind vielfältig: hohe Energie- und Personalkosten, geopolitische Unsicherheiten sowie internationale Absatzprobleme belasten vor allem exportorientierte Unternehmen. Die Zahl der nicht eröffneten Insolvenzen stieg besonders stark an (+10,5 %), weil die Insolvenzmasse häufig nicht einmal mehr ausreicht, um die Verfahrenskosten zu decken.
Ausblick 2025: Keine Entspannung in Sicht
Die KSV1870-Prognose bleibt unverändert: Bis Jahresende wird mit rund 7.000 Unternehmensinsolvenzen gerechnet – das wäre das höchste Niveau seit zwei Jahrzehnten. Zwar zeigen einzelne Branchen wie Finanzdienstleister oder Teile der Bauwirtschaft leichte Aufhellungstendenzen, für eine Trendwende reicht das aber nicht. In Summe belasten die Insolvenzen nicht nur Unternehmen, sondern auch 10.500 Arbeitnehmer (–20,5 %) und 20.000 Gläubiger (–23,4 %), die in den ersten sechs Monaten 2025 von Unternehmenspleiten betroffen waren.
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