Nachgefragt. Völlig überraschend hat Thomas Sabo Ende Jänner angekündigt, sich aus dem operativen Geschäft zurückzuziehen. Der 56-Jährige will künftig nur noch Berater sein. Seine Anteile wird er aber nicht verkaufen, stellt er im Interview mit BlickpunktJuwelier.de klar.
BLICKPUNKTJUWELIER.de: Herr Sabo, Sie ziehen sich in einer Zeit aus dem operativen Geschäft zurück, die so unsicher ist wie nie. Braucht es nicht genau jetzt den Inhaber als Chef?
Thomas Sabo: Ich ziehe mich ja nicht komplett zurück. Ich nehme eine beratende Aufgabe für das Unternehmen ein, mit dem Fokus auf die Bereiche Corporate Identity, Außendarstellung, Design und Produktmanagement. Zudem steht das Unternehmen Thomas Sabo sehr gut da. Der Betrieb ist mit einer Eigenkapitalquote von rund 80 % überaus gesund, und die konsequente Selbstverpflichtung zu außerordentlichem Produktdesign, Innovation und Tatkraft zeichnet die Firma auch zukünftig aus.
Ich vertraue in die Thomas Sabo-Belegschaft, die neu geschaffene Unternehmensstruktur und insbesondere in die Geschäftsleitung Dr. Gunnar Binder als CEO und Tony Björk als CSO.
Es ist jetzt an der Zeit, Abstand zum Tagesgeschäft zu gewinnen – um aus dieser Distanz heraus aktiv und sinnvoll zu beraten. Außerdem ist es schön zu sehen, dass das, was ich vor fast 35 Jahren begonnen habe, weiterhin nachhaltig aufgestellt ist.
BJ: Die derzeit größten Herausforderungen des Einzelhandels sind nicht gelöst: der Frequenzrückgang im stationären Handel, der Preisverfall im Online-Handel, der generelle Umgang mit dem Internet als Vertriebskanal. Warum hören Sie gerade jetzt auf, da es so spannend ist wie nie?
Sabo: Wir haben und werden auch weiterhin das Unternehmen für diese Herausforderungen gut aufstellen. Ich ziehe mich mit vollem Vertrauen in die Thomas Sabo-Management-Teams zurück. Nicht in den Ruhestand, sondern ich beschäftige mich intensiver mit strategischen Projekten und Prozessen, indem ich mich aus dem operativen Tagesgeschäft zurückziehe. Insofern begleite ich auch in so spannenden Zeiten. Nicht nur der Handel ist im Wandel, auch bei Thomas Sabo gibt es weiterhin keinen Stillstand. Gerade erst haben wir mit dem Generation Charm Club eine Kollektion vom Produkt bis zum P.O.S.-Auftritt völlig überarbeitet und weltweit präsentiert – und die Reaktionen sind sehr positiv. Und so werden wir weiterhin agieren! Wir beschäftigen uns mit Fragen, wie wir die Endkunden über alle bestehenden oder auch neue Vertriebskanäle langfristig und nachhaltig noch besser erreichen und binden können, und gegebenenfalls werden wir auch das Produktportfolio nochmal überarbeiten. Unser Ziel bleibt, dem Endkunden beim Kauf eines Thomas Sabo-Produktes den bestmöglichen Service zusätzlich zu einem großartigen Produkt zu bieten.
BJ: 2019 soll eine neue Produktlinie von Thomas Sabo auf den Markt kommen: Taschen oder Brillen?
Sabo: Ich kann Ihnen zum aktuellen Zeitpunkt verraten, dass wir eine neue Produktlinie lancieren werden, aber im Hinblick auf die Konkurrenz werde ich nicht sagen, um was es sich genau handelt.
BJ: Ist Ihr Rückzug aus dem Tagesgeschäft der erste Schritt, dem nun der Verkauf folgt?
Sabo: Nein, Thomas Sabo ist und bleibt ein Familienunternehmen.
BJ: Was waren in den vergangenen zehn Jahren die eklatantesten Veränderungen in der Uhren-Schmuck-Branche und welche werden in den kommenden zehn Jahren folgen?
Sabo: Die Phasen und Prozesse der Schmuckentwicklung und -produktion sind schnelllebiger geworden. Waren es früher zwei Kollektionen im Jahr, so lancieren wir heute auch zwischen den traditionellen Saisons, um dem Trend des „View and order“ sowie „Ready-to-wear-Prinzips“ gerecht zu werden.
Auf den Schmuck bezogen, hat sich die Erwartungshaltung der Konsumenten verändert. Im Vordergrund stehen Individualisierbarkeit und Personalisierung. Unser Angebot an variablen Charms, Anhängern und gravierbaren Schmuckstücken entspricht genau diesem Bedürfnis.
BJ: Stand heute: Hätten Sie eher nicht mit einer Sale-Strategie beginnen sollen, oder kommt man heutzutage gar nicht darum herum?
Sabo: Ich hoffe auf eine branchenübergreifende Initiative, die den Rabattwahnsinn etwas eindämmt und stattdessen die Wertigkeit der Produkte in den Fokus rückt. Denn permanente Rabattaktionen haben den Handel angreifbar gemacht: Neben regulären Sale-Zeiträumen spielen heute vermehrt incentivierte Angebote mit Produktbeigaben oder Sonderrabattaktionen, neben internationalen Preisschlachten wie Black Friday oder Cyber Monday eine sehr große Rolle. Diese Aktionen führen zwar kurzfristig zu mehr Frequenz und Umsatz, aber langfristig schaden sie der Marke, denn Kunden kaufen nur noch, wenn etwas reduziert oder incentiviert ist. Die Begehrlichkeit und die Wertigkeit der Produkte sinken dadurch erheblich – das kann doch kein Unternehmen wirklich wollen, oder?
BJ: Was raten Sie Händlern, wie sollen sie mit ihrem Altlager umgehen?
Sabo: Produkte aus vorangegangenen Saisons sind genauso relevant wie die der aktuellen Saison. Insbesondere einige Topseller der vergangenen Saisons sind begehrt, wie wir aus unserem Einzelhandelsgeschäft wissen. Es geht um eine attraktive, ansprechende Präsentation, eine sinnvolle Einbindung in das Verkaufsgespräch, um dem Endkunden mit trainierbaren Verkaufsmaßnahmen wie Cross- oder Upselling auch alternative Produkte zu präsentieren. So lassen sich doch seit jeher Produkte verkaufen.
Das gesamte Interview lesen Sie in unserer vierten Ausgabe von Blickpunkt Juwelier.
Fakten-Check
Kernpreislage: 1.000 bis 5.000 Euro
Marge: 2.4
Zielgruppe: anspruchsvolle Brautpaare mit gehobenem Hochzeitsbudget
Produktion: nachhaltige Fertigung zu 100 % in Pforzheim
Lieferfähigkeit: 10 Tage
Nachhaltigkeit: garantiert konfliktfreie Herkunft von Brillanten und Edelmetallen
Vertrieb: ausschließlich über den Fachhandel
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