(Teil 2): Innenstadt vs. Shopping-Center: Die große Standortfrage

Christ Filiale Salzburg Perle

Was funktioniert am Markt?. Unter österreichischen Juwelieren herrscht bei der Standortfrage Innenstadt oder EKZ keine Einigkeit. Bei CHRIST gehören Einkaufszentren zur Österreich-Offensive. © CHRIST

Citylage oder Einkaufszentrum – welche Standortform verspricht mehr Erfolg? Branchenprofis von CHRIST, dem Dorotheum, Ellert und Mayrhofer ziehen Bilanz. Wir analysieren aktuelle Expansionsstrategien, Erfolgsfaktoren wie Frequenz, Mietstruktur und Parkplatzangebot und zeigen, warum sich der stationäre Handel seine Standorte heute präziser denn je auswählt. Einblick in eine Debatte, die längst nicht entschieden ist.



In Wien ist CHRIST schon seit Langem mit einem Store auf der Mariahilferstraße präsent und in Zuge der großen Österreich-Offensive seit knapp einem Jahr mit einem weiteren in der Westfield Shopping City Süd (SCS).  Weiters wurde im Vorjahr ein Geschäft in der Shopping City Seiersberg nahe Graz eröffnet. Inklusive dem Shop im Mc Arthur Designer Outlet Parndorf ist das Unternehmen derzeit mit sechs Standorten in Österreich vertreten.  Für den Sommer 2025 stehen zwei weitere Neueröffnungen in der Bundeshauptstadt – im Auhof-Center sowie im Riverside, wo man die ehemalige Fläche von Juwelier Kruzik übernimmt – auf dem Plan.

„Beide Standorte überzeugen uns durch ihre Lage, das Einzugsgebiet und die Kund:innenstruktur, die sehr gut zu unserer Marke passt. Mit CHRIST und der Morellato-Gruppe bringen wir außerdem neue Impulse in die Center – davon profitieren auch die Standorte insgesamt“, erklärt Dr. Gunnar Binder, CEO von CHRIST Juweliere und Uhrmacher, und ergänzt: „Neben den beiden Neueröffnungen in Wien ist auch eine weitere Filiale in Villach bereits fixiert. Wir werden uns auf dieser Basis schrittweise weiterbewegen und sukzessive Standorte eröffnen – immer dann, wenn das Gesamtpaket aus attraktivem Standort mit hoher Frequenz und realistischer Miete für ein Christ Angebot passend ist. Insofern werden wir sicher bald eine zweistellige Anzahl an Filialen in Österreich haben“, sagt er zu den weiteren Plänen.

Small is beautiful! Laut Marktanalyse von Otto Immobilien sind in den Einkaufsstraßen kleinere bis mittelgroße Geschäftsflächen bis zu 300 Quadratmetern besonders gefragt.

Dr. Gunnar Binder, CEO CHRIST

Der Fokus in Österreich liege aber nicht in erster Linie auf Wien oder den Bundeshauptstädten. „Unser Ziel ist es, genau dort präsent zu sein, wo unsere Kundinnen und Kunden uns brauchen – also überall dort, wo Nachfrage, Standortqualität und wirtschaftliche Faktoren stimmen. Das können durchaus auch kleinere Städte oder stark frequentierte Regionen außerhalb der klassischen Metropolen sein.“

Die bisherigen Neueröffnungen in Österreich mögen vielleicht eine gewisse Präferenz für EKZ-Flächen vermuten lassen, aber der Schein trügt. „Wir sind keineswegs ausschließlich auf Center fokussiert. Auch klassische Straßenlagen sind für uns attraktiv – etwa die Innenstadt von Innsbruck, die wir als sehr spannend erachten. Letztlich entscheidet aber immer die Wirtschaftlichkeit: Miete, Frequenz und Standortpotenzial müssen passen. In Premiumlagen wie beispielsweise dem 1. Bezirk in Wien rund um den Stephansdom ist das leider oft nicht der Fall“, sagt Binder und präzisiert die Anforderungen, die man an neue Standorte stellt, wie folgt: „Um unser Sortiment ansprechend zu präsentieren und unsere qualitativ hochwertige Trauring- und Diamantberatung in ruhiger Atmosphäre anbieten zu können, benötigen wir rund 80 Quadratmeter Verkaufsfläche – und idealerweise ruhige Beratungszonen. Daneben bewerten wir klassische KPIs wie Frequenz, Kaufkraft, Metropolenindex – und natürlich die Mietkonditionen.“

Dass man von der Alpha Gold-Übernahme, über die in der Branche eine Zeit lang heftig spekuliert wurde, schlussendlich Abstand genommen hatte, lag – so der Christ-CEO – daran, dass nur wenige Filialen den genannten Anforderungen entsprochen hatten – in vielen Fällen sei die Geschäftsfläche schlicht zu klein gewesen.

Bewährtes Konzept: Mit einem hochwertigen und vielfältigen Sortiment, einem attraktiven Preis-Leistungs-Verhältnis, hoher Servicequalität und viel Herzlichkeit will CHRIST die österreichische Kundschaft begeistern. // Starke Kaufanreize: Eigen- und Lizenzmarken wie Maserati, Karl Lagerfeld (Bild) oder Live Diamond werden in jedem Store markant in Szene gesetzt. © CHRIST

Wie attraktiv ein Standort für den Einzelhändler generell und im besonderen für jene im Sektor Uhren und Schmuck ist, hängt nach Meinung des CHRIST-CEOs nicht davon ab, ob er sich in einer Einkaufsstraße oder einem Shopping Center befindet. „Es gibt in beiden Richtungen funktionierende Beispiele. Viele mittelgroße Städte wie Innsbruck, Klagenfurt, Hannover oder Kassel zeigen, dass Innenstadt und Center nebeneinander erfolgreich existieren können. In anderen Fällen – etwa im Berliner Gesundbrunnen-Areal – dominieren die Center das Stadtbild stärker. Und es gibt Städte wie Freiburg oder Heidelberg, in denen Center kaum eine Rolle spielen. Die Wahrheit liegt, wie so oft, im Einzelfall.“

Das sieht Karin Saey, Leiterin der Handelssparte bei der Dorotheum Gruppe, ähnlich: „Natürlich gibt es Unterschiede zum Beispiel zwischen dem Juwelier im Palais Dorotheum in der Wiener Innenstadt und jenem in der Plus City in Linz. Aber generalisierend machen wir keine Unterschiede im Sortiment im Hinblick auf Einkaufszentren zu Einkaufsstraßen.  Unsere Standorte in den Einkaufszentren verkaufen sehr gut hochwertigen Gold- und Diamantschmuck, es wäre daher ein Fehler, diese auf niedrigere Preissortimente zu reduzieren.“

Die Erfahrung, dass Premiumware im Shopping Center gut funktioniert, hat auch Juwelier Ellert gemacht und sieht hier sogar noch mehr Potenzial, das es zu nutzen gilt. Die Stammkunden wurden bereits von der in Kürze startenden Neugestaltung der Dependance in der Shopping City Süd mit besonderem Fokus auf exklusive Uhrenmarken informiert. Juwelier Mayrhofer aus Linz gehört dagegen zu der Fraktion, für die ein EKZ-Standor nicht in Frage kommt. Seiner Ansicht nach bleiben City-Stores den hohen Preislagen vorbehalten.

Abgesehen vom Goldenen Quartier in der Wiener City, das ja weniger einem typischen EKZ, sondern vielmehr einer Einkaufsstraße entspricht, sind Läden von Rolex, Hermès, Louis Vuitton, Bucherer oder Wempe in Shopping-Centern tatsächlich etwas, das es niemals geben wird. Für alle anderen können aber beide Standort-Konzepte funktionieren. Wichtig dabei ist, dass sowohl der Einzelhandel als auch Einkaufsstraßen und Shopping Center ihre Konzepte laufend evaluieren und den Trends der Zeit anpassen.

Gunnar Binder CEO Christ
Gunnar Binder, CEO © CHRIST

Viele mittelgroße Städte wie Innsbruck, Klagenfurt, Hannover oder Kassel zeigen, dass Innenstadt und Center nebeneinander erfolgreich existieren können.

Dr. Gunnar Binder, CEO CHRIST

Wetter und Parkplätze

Zwei Faktoren, die oft als Pluspunkte der Shopping Center gegenüber Citylagen angeführt werden, sind Witterungsunabhängigkeit und Parkplätze. Der erste Punkt ist, so meint der CHRIST-CEO, aber nicht so wichtig – außer bei extremen Wetterlagen wie Eisregen, Hitzewellen oder Überschwemmungen, die aber ohnehin beide Standorttypen betreffen. Die leichte Erreichbarkeit mit dem Auto, spiele für die Konsumenten dagegen bei der Frage Innenstadt oder Shopping Center schon eine große Rolle.  „Hier haben österreichische Center einen klaren Vorteil gegenüber vielen deutschen: Kostenloses Parken ist dort häufig Standard – und wird aktiv kommuniziert. Das ist ein echter Mehrwert für die Kundinnen und Kunden,“

Für eine Bewertung der bisherigen Expansion in Österreich ist es, so Binder, noch zu früh. „Neue Stores brauchen immer etwas Anlaufzeit. Oft hören wir von Kundinnen und Kunden nach einer Neueröffnung: „Ach, Sie sind jetzt auch hier?“ Dann wird zunächst geschaut, verglichen, manchmal auch einfach gebummelt. Und ein paar Wochen oder Monate später kommen viele wieder – und kaufen. Der Umsatz wächst also organisch und nachhaltig und der Anteil von Österreich am Gesamtumsatz orientiert sich in etwa an der Filialzahl.“

Insgesamt sei man mit den Rahmenbedingungen aber zufrieden: „Der österreichische Markt konsolidiert sich aktuell schneller als der deutsche. Faktoren wie Miete, Personalverfügbarkeit oder Ladenöffnungszeiten unterscheiden sich teils deutlich. Gleichzeitig begegnen wir – gerade als deutsches Mittelstandsunternehmen – vereinzelt noch Vorbehalten. Unser Anspruch ist es, dem mit fairen Preisen, hochwertigem Sortiment, authentischem Service und echter Herzlichkeit entgegenzutreten – und Kund:innen in Österreich wirklich zu begeistern.“

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