
Luxus braucht Adresse: Marken im fünfstelligen Preissegment verlangen ein repräsentatives Umfeld. Bild: Team © Habenicht
Nach fast 90 Jahren sperrt Juwelier Habenicht sein Stammgeschäft in der Klagenfurter Bahnhofstraße. Der Grund: Luxusmarken akzeptieren das Umfeld nicht mehr. Zwischen Barbershop, Kebablokal und Leerstand will man keine hochpreisigen Uhren und Schmuck präsentieren.
Klagenfurt: Klein, aber voller Juweliere
Österreich zählt neun Bundesländer und ist in Summe so groß wie Bayern. Klagenfurt, die Hauptstadt von Kärnten, bringt es auf 105.000 Einwohner und hat trotzdem eine außergewöhnliche Besonderheit: Keine deutschsprachige Stadt beherbergt so viele Juwelier-Fachgeschäfte.
Dabei ist die Kaufkraft der Bevölkerung begrenzt, auch der Tourismus geht an der Stadt vorbei: konsumiert wird eher am nahegelegenen Wörthersee als im Stadtzentrum. Umso bemerkenswerter, dass sich Klagenfurt über Jahrzehnte als Hotspot für Juweliere gehalten hat. Doch die Bahnhofstraße, einst eine Top-Adresse, hat stark an Strahlkraft verloren. Leerstehende Lokale, Billig-Gastronomie und Barber-Shops prägen heute das Bild. „Das ist kein Umfeld, in dem Luxusmarken ihre Produkte sehen wollen“, sagt Max Habenicht, der das Familienunternehmen viele Jahre führte.
Markenstrategie und Standortfrage
Die Familie Habenicht galt immer als enger Partner der Swatch Group. OMEGA und Glashütte bildeten die Überlebensstrategie, präsent bleibt die Erinnerung an den Verlust von IWC. Umso härter trifft es, dass ein Luxuslieferant, der für rund 40 % des Umsatzes verantwortlich war, nun die Belieferung verweigert. Die Konsequenz: Das Stammhaus in der Bahnhofstraße wird Ende September geschlossen. Der laufende Abverkauf umfasst auch hochpreisige Stücke, die mit deutlichen Rabatten angeboten werden.
Die Filiale im Einkaufszentrum Südpark bleibt bestehen, da dort die betroffenen Marken nicht im Sortiment sind. Perspektivisch denkt die Familie über einen neuen Standort in der Wiener- oder Kramergasse nach, das sind Adressen, die heute als repräsentativ gelten.
Ein Blick in die Nachbarschaft zeigt, dass solche Schritte sinnvoll sein können: Schullin, ebenfalls eine große Klagenfurter Adresse, hat bereits vor einigen Jahren in eine bessere Lage gewechselt und hält trotz hohem Alter des Inhabers an den Luxusmarken fest.

Unternehmer statt Unterlasser
Die Schließung zeigt deutlich: Unternehmer müssen handeln, wenn sich das Umfeld ändert. „Wenn die Dönerbude als Nachbar aufschlägt, ist es nur eine Frage der Zeit, bis weitere Barbershops folgen. Luxus-Anbieter müssen ihre Adresse überdenken“, so Habenicht.
Das Beispiel ist typisch für viele innerstädtische Einkaufsstraßen – nicht nur in Klagenfurt. Während gute Lagen leerstehen, wird das Umfeld für Luxus zunehmend schwieriger. Stillstand ist keine Option, so der Tenor vieler Branchenstimmen: Handel bedeutet Wandel. Die jüngere Generation der Familie führt das Geschäft nun in vierter Generation. Doch die Frage, ob die Bahnhofstraße für deren Ausrichtung noch adäquat war, ist mit der Schließung beantwortet.

Handeln, nicht hoffen
Der Fall Habenicht betrifft nicht nur Klagenfurt, er ist exemplarisch für rund 95 % der Juweliere in Österreich, die ähnliche Standortfragen prüfen müssen. Die Lektion ist klar:
⊕ Markenumfeld zählt mehr denn je.
⊕ Adressqualität entscheidet über Markenverfügbarkeit.
⊕ Politik und Funktionäre helfen nicht – Unternehmer müssen selbst handeln.
Der Abschied des Stammhauses ist daher nicht nur das Ende einer langen Unternehmensgeschichte, sondern auch ein Warnsignal für die Branche, rechtzeitig die eigenen Ambitionen und Standorte zu prüfen.

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