Schweizer Uhrenexporte in die USA explodierten im April dank Zollschock

Schweizer Uhrenexporte in die USA steigen April 2025

Vorgezogene Lieferungen und Hoffnung auf ein Handelsabkommen mit den USA lassen April-Exporte in historische Höhen schnellen. Doch Experten warnen: Nachhaltige Erholung sieht anders aus. © Shutterstock.com

Die Schweizer Uhrenindustrie blickt auf einen April der Superlative zurück: Mit einem Exportplus von 149 % in die Vereinigten Staaten verzeichnete die Branche den stärksten monatlichen Anstieg jemals auf diesem Schlüsselmarkt. Auch die weltweiten Exporte legten kräftig zu – jedoch ist Vorsicht geboten: Die aktuelle Entwicklung ist weniger Ausdruck robuster Konsumentennachfrage als vielmehr das Resultat geopolitischer Unsicherheit und wirtschaftspolitischer Schnellschüsse.



Exportboom dank Trump-Zölle

Was zunächst nach einem überraschenden Comeback klang, entpuppt sich bei genauer Betrachtung als taktisch motivierter Liefersturm. Hintergrund ist die Ankündigung von US-Präsident Donald Trump Anfang April, einen Strafzoll von 31 % auf Schweizer Uhrenimporte zu erheben – eine Maßnahme, die weltweit für Aufsehen sorgte und den Fachhandel unter Zugzwang setzte. Die Folge: Viele Einzelhändler und Marken zogen Lieferungen in die USA vor, um der geplanten Zollbelastung zuvorzukommen.

Die Zahlen sprechen für sich: Die Exporte in die USA kletterten im April auf rund 852 Millionen Franken – ein Drittel des gesamten Exportvolumens der Branche. Das führte zu einem nominalen Plus der Gesamtexporte um 18 % auf 2,55 Milliarden Franken. Ohne die US-Sonderkonjunktur hätte das April-Ergebnis laut Verband der Schweizerischen Uhrenindustrie (FH) allerdings einen Rückgang um 6,4 % verzeichnet.

Monatliche Schweizer Uhrenexporte (Quelle- Verband der Schweizerischen Uhrenindustrie)
Schweizer Uhrenexporte in die USA von Mai 2024 bis April 2025. © Verband der Schweizerischen Uhrenindustrie

Handelsabkommen in Vorbereitung

Parallel zur Exportdynamik laufen derzeit intensive Gespräche über ein mögliches Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten. Der Druck ist hoch, denn die Aussetzung der ursprünglich geplanten Strafzölle gilt lediglich für 90 Tage – aktuell liegt der Satz bei einem Basiszoll von 10 %. US-Finanzminister Scott Bessent kündigte Mitte Mai in Genf an, dass die Schweiz zu den priorisierten Partnern für ein bilaterales Abkommen zählt. Gemeinsam mit Großbritannien steht das Alpenland „an der Spitze der Warteliste“, so Bessent. Eine Einigung steht jedoch noch aus.

Für die Schweizer Uhrenindustrie wäre ein solches Abkommen von strategischer Bedeutung. Die USA sind seit 2021 der wichtigste Exportmarkt, noch vor China. Rund 17 % aller exportierten Schweizer Uhren gehen in die Vereinigten Staaten – ein Volumen von 4,4 Milliarden Franken jährlich. Jede Verbesserung der Zollbedingungen hätte damit unmittelbare Auswirkungen auf Absatz, Preisgestaltung und Lagerplanung. Mehr dazu unter: Handelsgespräche zwischen Schweiz und USA

US-Handelsbeauftragter Jamieson Greer (links) und US-Finanzminister Scott Bessent (rech
US-Handelsbeauftragter Jamieson Greer (links) und US-Finanzminister Scott Bessent (rechts) wollen den Schweizer Uhrenindustrie Zollerleichterung bringen. © Hodinkee

Strukturprobleme bleiben bestehen: China, Hongkong und Luxusmüdigkeit

Trotz der erfreulichen April-Zahlen bleibt die mittelfristige Lage angespannt. Besonders die asiatischen Märkte zeigen sich schwach: China (-31 %), Hongkong (-23 %) und Singapur (-9 %) verbuchten deutliche Rückgänge. Die Gründe sind vielfältig – eine Immobilienkrise, zurückhaltende Konsumenten sowie ein insgesamt schwächeres wirtschaftliches Umfeld drücken auf die Nachfrage nach Luxusprodukten. Hinzu kommt ein wachsender Trend zur „Luxusmüdigkeit“, wie Analyst Jean-Philippe Bertschy von Vontobel betont. „Der Wohlfühlfaktor beim Kauf hochpreisiger Produkte lässt nach – die Preiselastizität steigt, die Konsumfreude sinkt.“ Das mittlere Preissegment zwischen 500 und 3.000 Franken ist dabei besonders betroffen, ebenso wie einige Sammler- und Investmentstücke. Mehr dazu unter: Schweizer Uhrenexporte im Februar rückläufig: China und USA drücken aufs Tempo

Marken reagieren: Preisstrategien und Lagerbereinigungen

Die großen Hersteller haben auf die veränderte Gemengelage reagiert: Richemont, zu dem Cartier, IWC und Panerai gehören, hat in China Uhrenbestände zurückgekauft, um den Druck auf die Händler zu mindern. Auch Rolex, Tudor und Omega haben in den USA selektiv die Preise erhöht – nicht zuletzt wegen des starken Frankens, hoher Edelmetallpreise und logistischer Zusatzkosten.

Gleichzeitig bleibt die Unsicherheit über den politischen Kurs der USA bestehen. Die Unvorhersehbarkeit der Zollpolitik – verbunden mit innenpolitischen Spannungen – belastet die strategische Planbarkeit der gesamten Branche.

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