Einkaufen auf allen Kanälen wird immer interessanter.©shutterstock
Je positiver die Erfahrungen beim Online-Handel, desto höher fallen auch die anteilsmäßigen Ausgaben im Einzelhandel aus. Das ergab eine Studie des Instituts für Handel, Absatz & Marketing.
Online- und Einzelhandel bilden offenbar eine untrennbare Symbiose. Das ergab eine brandneue Studie des Instituts für Handel, Absatz & Marketing der Johannes Kepler Universität Linz (JKU). Die im Mai des Jahres durchgeführte Untersuchung zeigte, dass mit der Zufriedenheit beim Online-Shopping die Ausgaben im Einzelhandel steigen. Umgekehrt sinken diese mit der Unzufriedenheit beim Offline-Shopping. Dann wird bedeutend mehr im Internet eingekauft. Interessant: Fleißige Online-Shopper kaufen also auch verstärkt im stationären Einzelhandel. Die Studie zeigte auch, dass „Channel-Hopping“ immer beliebter wird. Der Handel muss sich demnach wohl auf einen neuen Käufer-Typus einstellen . Dieser will auf allen Kanälen gleich gut bedient werden: Online und Offline.
Die Studie im Detail: Im untersten Ausgabenquartil (Viertelwert, Anm.) waren 46 Prozent der Online- Shopper mit dem Angebot/Service im Internet-Einzelhandel (sehr) zufrieden. Im obersten Quartil (das sind ein Viertel der Online-Shopper mit den anteilsmäßig höchsten Online- Ausgaben) trifft dies auf 77 Prozent zu. Aber auch die negativen Erfahrungen im Offline-Handel beeinflussen signifikant die Höhe der Online-Ausgaben. Denn desto unzufriedener die Online-Shopper mit dem Offline-Handel sind, desto mehr geben sie beim Online-Shopping aus. Das Institut konnte diesen Sachverhalt erstmals auch statistisch nachweisen. Während im untersten Online-Ausgabenquartil noch 44 Prozent mit dem stationären Einzelhandel (sehr) zufrieden sind, trifft dies im obersten Quartil „nur“ mehr auf 28 Prozent zu.
Paralleler Verkauf wichtiger
Für 96 Prozent der Internet-Käufer spielt die zeitliche Ungebundenheit beim Online-Shopping eine wesentliche Rolle. 79 Prozent sind mit den jeweiligen Ladenöffnungszeiten zufrieden. Genau das gewünschte Produkt finden 86 Prozent in Webshops. Aber für 53 Prozent trifft dies auch in Ladengeschäften zu. Der Aufwand für den Einkauf im Internet-Einzelhandel ist für 83 Prozent minimal, für 54 Prozent trifft dies aber auch auf den Einkauf im stationären Einzelhandel zu.
„Multi-Channeling rules!“ Nicht nur im Einzelhandel wird der parallele Verkauf in Ladengeschäften und via Internet immer beliebter. Auch Konsumenten wechseln immer häufiger zwischen den Einkaufskanälen. Und so verwundert es nicht, dass auch Internet-Käufer den Großteil ihrer Einzelhandelsausgaben offline tätigen. So haben 4,2 Mio. Online-Shopper 2021 insgesamt rd. € 48,7 Mrd. (Abschätzung) für Einzelhandelswaren ausgegeben. Davon sind rd. 8,9 Mrd. in den in- und ausländischen Internet-Handel geflossen und rd. € 39,8 Mrd. in den stationären Handel.
Die Offline-Ausgaben der Online-Shopper sind somit im Durchschnitt mehr als viermal höher als ihre Online-Ausgaben. Rd. 82 Prozent ihrer gesamten Einzelhandelsausgaben fließen in Ladengeschäfte, was vor allem mit dem Lebensmitteleinkauf zu tun hat. So kaufen 81 Prozent der Online-Shopper Lebensmittel ausschließlich im stationären Einzelhandel. Bei Sportartikeln trifft dies auf 76 Prozent und bei Elektrogeräten auf 67 Prozent zu. Eine Ausnahme stellt der Modebereich dar. Hier wird im Vergleich zu anderen Warengruppen häufiger online eingekauft. “Nur“ 31 Prozent der Online-Shopper setzten in diesem Segment ausschließlich auf den Einkauf in Ladengeschäften und 69 Prozent auf Online-Shopping (bzw. auf On- und Offline-Shopping).
Neuer Käufer-Typus: Channel-Hopper
„Motive und Kaufverhalten zeichnen ein durchaus buntes Bild der Online-Shopper und ihrem Verhältnis zum Offline-Handel. Die Analysen zeigen Enthusiasten mit hohen Online-Zufriedenheitswerten. Und andererseits Offline-Entfremdete, die ihre Unzufriedenheit mit dem Offline- in den Online-Handel treibt. Tatsächlich entwickelt sich mehr und mehr ein neuer Käufer-Typus, der als Channel-Hopper pragmatisch und unaufgeregt in beiden Kanälen einkauft“, resümiert Dr. Ernst Gittenberger vom IHaM Institut für Handel, Absatz und Marketing die Studienergebnisse.
„Tatsächlich pflegen Online-Shopper eine durchaus „schlampige Beziehung“ zu beiden Einkaufskanälen – online oft und regelmäßig, offline dennoch viel mehr. Die Theorie (zur sozialen Beziehung) erklärt das durch unsere Studien gezeigte Phänomen des Channel-Hoppings: Konsumenten wechseln eine „Beziehung“ aus zwei Gründen: sie sind mit der derzeitigen unzufrieden (z.B. schlechter Service, unfreundliches Personal) oder eine neue Beziehung verspricht mehr Vorteile als die alte (z.B. attraktiveres Angebot, Bequemlichkeit). Der Offline-Handel muss sich auf jene Dinge fokussieren, die der Online-Handel schlecht imitieren kann: Kunden begeistern und inspirieren, das sensorische Erlebnis betonen und Expertenwissen als Kernservice mit unmittelbarer, physischer Produktverfügbarkeit anbieten. Denn der pragmatische Channel-Hopper lässt dort seinen Euro, wo sein Nutzen am höchsten ist“, ergänzt Institutsvorstand Univ.Prof. Dr. Christoph Teller.
Das Institut für Handel, Absatz & Marketing der JKU untersuchte:
Im Gesamtjahr 2021 haben 4,2 Mio. Konsumenten in Österreich (16-74 Jahre) online eingekauft und dafür in Summe € 8,9 Mrd. Euro ausgegeben (Gittenberger, Ernst, Teller, Christoph (2021): EU-27-Online-Shopping-Report 2021).
Keine Kommentare