Inflation: Handel schwächelt, Luxus legt zu

Handelsverband Österreich Inflation Blitzumfrage 2022 September

Bis zu 6.000 Handelsbetrieben droht die Schließung – Politik gefordert, Reformagenda auf den Weg zu bringen.

Bundesweite Befragung des Handelsverbandes Österreich: Ukraine-Krieg & Inflation bringen jeden zweiten Händler in Verlustzone. 6.000 Handelsbetrieben droht die Schließung. Luxussegment legt zu. 



Der Ukraine-Krieg und die pandemiebedingten Kapazitätseinschränkungen in Asien haben die Preise in ganz Europa in die Höhe getrieben. In Österreich hat die Inflationsrate im Juli mit +9,3% den höchsten Wert seit Februar 1975 erreicht. Diese Teuerungswelle stellt für alle Handelsformate und Warengruppen eine existenzielle Herausforderung dar. Wie es den heimischen Handelsbetrieben – vom KMU bis zum filialisierten Konzern – derzeit geht, hat der Handelsverband in einer Blitzumfrage analysiert.

Als größte Herausforderungen nennen die österreichischen Händler die enormen Kostensteigerungen in der Beschaffung und Logistik, Beschaffungsengpässe und Lieferverzögerungen im Einkauf sowie die hohen Energiekosten.

  • 14% aller österreichischen Handelsbetriebe (=5.880 Unternehmen) überlegen, ihre Geschäftstätigkeit bis Jahresende einzustellen.
  • 42% der österreichischen Händler werden im Gesamtjahr 2022 aufgrund des Kaufkraft-Verlustes der Bevölkerung voraussichtlich einen Verlust erwirtschaften, nur 23% erwarten heuer einen Gewinn.
  • Die heimischen KMU-Händler verzeichnen im 1. Halbjahr 2022 einen durchschnittlichen inflationsbereinigten Umsatzverlust von -16% im Vergleich zum ebenfalls umsatzschwachen 1. Halbjahr 2021.
  • Die Energiekosten der Händler liegen mittlerweile im Schnitt bei rund 21% des Umsatzes.
  • Die Stromkosten der Händler haben sich heuer im Vergleich zum Vorjahr im Schnitt um +43% erhöht, die Gaskosten sind um durchschnittlich +44% gestiegen.
  • 70% der Händler erwarten in ihrem Segment Lieferengpässe im Weihnachtsgeschäft.
  • Bei 44% aller Betriebe hat sich die Kapitalstruktur aufgrund der Corona-Pandemie und des Ukraine-Kriegs deutlich verschlechtert (= weniger Eigenkapital).

Handelsverband Geschäftsführer Rainer Will
Ing. Mag. Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes. © Handelsverband.at

Das Fazit aus der Branche und der Ausblick auf 2023 stimmen besorgniserregend: “Die große Herausforderung kommt erst 2023. Da werden alle Energiepreiserhöhungen bei den Konsumenten schlagend und die verfügbare Kaufkraft wird weiter sinken. 2022 ist trotz allem nur ein Vorgeschmack auf das, was 2023 durch die Indexanpassungen in den Verträgen noch kommen wird. Es besteht unmittelbarer Handlungsbedarf, ansonsten werden 14 Prozent aller österreichischen Händler, bis zu 6.000 Betriebe, ihre Geschäftstätigkeit bis Jahresende einstellen müssen“, appelliert Handelsverband Geschäftsführer Rainer Willan die politischen Entscheidungsträger, einen Flächenbrand zu verhindern.

Luxussektor legt zu

Wie blickpunktjuwelier.de bereits im Juli berichtete ist das Luxussegment nicht betroffen. Im Gegenteil: Die noch Anfang des Vorjahres unter Experten weit verbreitete Meinung, die Luxusbranche werde mindestens bis 2023 brauchen, um das Corona-Minus zu verdauen, hat sich – glücklicherweise – als falsch erwiesen. Die Erholung setzte bereits im 2. Quartal 2021 ein, nahm danach kräftig Fahrt auf und Ende des Jahres bilanzierte der Personal Luxury-Sektor, zu dem Designerkleidung und -accessoires, edle Uhren, kostbarer Schmuck und hochpreisige Kosmetik gehören, laut einer Analyse der Unternehmensberatung Bain & Co und der italienischen Luxusvereinigung Altagamma, mit einem Gesamtumsatz von 283 Mrd. € bereits knapp über dem Vorkrisenniveau (+0,7%).

Über die Befragung

Die Corona-Blitzumfrage des Handelsverbands fand von 23. bis 25. August 2022 statt. 197 Handelsbetriebe aller Größenklassen aus dem Kreis der über 4.500 Mitglieder des Handelsverbandes haben an der Online-Befragung zu den Auswirkungen des Ukraine-Krieges und der Inflation teilgenommen.

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