
Auf geht’s – damit Österreich auch morgen noch auf seinen lebendigen Fachhandel stolz sein kann. © DJ
Im Vorjahr hat DER JUWELIER unter dem Motto „nicht aufgeben, sondern Auf geht‘s!“ eine Initiative gestartet, um alle Akteure der heimischen Uhren- und Schmuckbranche zu mehr Zusammenarbeit zu motivieren. Heuer wird die Kampagne fortgesetzt, denn die Herausforderungen sind nicht weniger geworden. Ganz im Gegenteil, und eine Trendwende ist vorerst nicht in Sicht. Zusammenhalt und Solidarität ist daher wichtiger denn je. Denn eine Last lässt sich leichter tragen, wenn sie auf mehrere Schultern verteilt ist.
Die eigene Nation ins Zentrum des Interesses zu rücken, hat – seit Donald Trump (wieder) im Weißen Haus sitzt und auch in anderen Ländern rechtsnationale und protektionistische Tendenzen in Mode sind – einen recht bitteren Beigeschmack. Grundsätzlich ist es aber nicht verwerflich, das Naheliegende – sei es im privaten oder wirtschaftlichen Umfeld – zu präferieren. Und genau genommen – das zeigen zahlreiche soziologische Studien – ist der Homo Sapiens auf ein Verhaltensmuster geprägt, das sich im Wesentlichen so charakterisieren lässt: die eigene Gruppe ist gut, dem Fremden begegnet man zuerst einmal mit Skepsis. Dieses Konzept hat sich in der Evolution bewährt, wurde aber mit dem Aufkommen der ersten Hochkulturen von anderen Faktoren überlagert. Ein wichtiger Faktor dabei war der Handel. Um an Produkte zu kommen, die man selbst nicht hatte aber gerne wollte, musste man mit Fremden kooperieren. Gewalt war und ist dabei zwar immer eine Option – doch insgesamt wurden und werden friedliche Methoden bevorzugt. Die Vorteile einer Win-Win-Strategie zu erkennen, die Grenzen im Kopf ebenso wie die geographischen erweitert, kann man also getrost als einen der großen Fortschritte in der Entwicklung der menschlichen Gesellschaft sehen.
Think global, act local
Das Prinzip der Selbstversorgung können heute höchstens noch indigene Gruppen in abgelegenen Regionen praktizieren, alle anderen sind auf grenzüberschreitenden Warenverkehr angewiesen. Selbst die Supermacht USA ist nicht in der Lage, alle benötigten Rohstoffe und Güter in Eigenregie herzustellen. Zu teuer (auch für die US-Kunden) und damit nicht wettbewerbsfähig. In vielen Sektoren fehlen auch schlicht Know-how und Arbeitskräfte.

Made in Austria
Dass parallel mit der fortschreitenden Globalisierung der Grundsatz „Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute doch so nah liegt“ vielerorts an Bedeutung gewinnt, ist eine logische Entwicklung. Durch die größeren Vergleichsmöglichkeiten wächst die Erkenntnis, dass heimische Produkte mindestens ebenso gut, manchmal sogar besser als ausländische sind.
Ein Made in Austria-Vermerk gilt für viele als Qualitätssiegel. Die Nachfrage nach regionalen Produkten steigt daher seit Jahren kontinuierlich, insbesondere bei Lebensmitteln. Besonders hohe Nachhaltigkeitsstandards und (besserer) Geschmack sowie die positiven Effekte auf die heimische Wirtschaft sind für Verbraucher die wichtigsten Gründe.
Herr und Frau Österreicher müssten allerdings ihre Ernährung drastisch umstellen, wollten sie ausschließlich heimische Produkte kaufen. So liegt der Selbstversorgungsgrad des Landes bei Fleisch zwar bei bei 112%, auf Beilagen wie Reis (7%), Gemüse (58%) und auch bei Kartoffeln (90%), Obst (48%), Butter (73%) und pflanzliche Öle (25%) könnte die Nachfrage nicht gedeckt werden.
Und wie sieht es abseits von Artikeln des täglichen Bedarfs aus? Uhrenliebhaber hätten ein Problem. Mit Habring und Carl Suchy gibt es gerade einmal zwei österreichische, die allerdings nur kleine Stückzahlen produzieren. Auch in den anderen Preisklassen wäre die Auswahl ohne ausländische Marken mager. Anders sieht es dagegen bei Schmuck aus. Neben zahlreichen kleinen Manufakturen und Ateliers existieren auch etliche mittelständische Hersteller, die nicht nur den heimischen Markt bedienen. Ob Taufketterl oder Verlobungs- und Trauringe, Collier oder Ohrschmuck, Armband oder Brosche, ob hochkarätig mit Diamanten und Edelsteinen oder puristisch, ob im klassischen Design, extravagant oder betont modisch, ob aus Gold, Silber, Platin oder Edelstahl – für so gut wie jeden Geschmack, Geldbeutel und Anlass gibt es das Passende mit „österreichischem Pass“.
Sag Ja zu Ja
⊕ Österreichische Lieferanten verfügen über ein breites Portfolio – von heimischen bis internationalen Marken und detaillierte Marktkenntnisse ⊕ Heimische Unternehmen sorgen für Wertschöpfung im Land und sind damit essentiell für die gesamte Wirtschaft ⊕ Made in Austria wird von vielen Konsumenten als Gütesiegel gesehen und bietet vor allem bei Schmuck noch viel Potenzial
Österreichische Identität
Dass die Rohstoffe importiert werden müssen ist klar. Schon im 19. Jahrhundert wurden die heimischen Goldminen mangels Wirtschaftlichkeit geschlossen und die Erschließung der in den Österreichischen Alpen noch vermuteten Goldvorkommen sind, wie einige Versuche ausländischer Minenunternehmen in den vergangenen Jahrzehnten ergeben haben, unrentabel. Abgesehen von Smaragden im Habachtal und Granaten in den Kärntner Nockbergen und Amethysten in Maissau, die hinsichtlich Menge und Qualität nicht den Anforderungen der Schmuckindustrie genügen und daher nicht kommerziell genutzt werden, verfügt Österreich auch über keine Edelsteinvorkommen.
Aber österreichischer Lieferant heißt nicht zwingend, dass Uhren und Schmuckstücke auch hierzulande produziert werden müssen. Herr und Frau Österreicher sind für viele Marken – etwa aus Deutschland, der Schweiz, Italien und Japan – eine attraktive Kundengruppe, ebenso wie die vielen ausländischen Touristen, die das spezielle Austria-Feeling erleben wollen. Daher arbeiten etliche Produzenten mit Großhändlern bzw. eigenen Vertretern vor Ort zusammen und profitieren damit von deren marktspezifischen Insights. Zwar gehen die wichtigen Trends, nicht an Österreich vorüber, aber zu glauben, dass ob der (vermeintlich) selben Sprache alles im Wesentlichen wie in Deutschland funktionieren, ist ein Irrtum, den so mancher schon erkennen musste.
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